Kultur/Medien

Taliban-Machtübernahme in Afghanistan: Programmschwerpunkt im ORF

Den dramatischen Geschehnissen in Afghanistan widmet das ORF-Fernsehen ab Mittwoch, dem 18. August, einen Programmschwerpunkt in ORF 2 und ORF III. In ORF 2 stehen ab 18. August u.a. das „WELTjournal“ (mit Fritz Orters Kabul-Porträt), „WELTjournal +“ über die Dolmetscher in Lebensgefahr, „Universum History“ über ein „Verwundetes Land“ und „kreuz und quer“ u.a. über die Kinderkrieger der Taliban sowie der Spielfilm „Drachenläufer“ im Zeichen dieses Landes und seiner Menschen. ORF III zeigt am 21. August einen Themenabend durch den ORF-Auslandschef Andreas Pfeifer führt.

Mittwoch, 18. August, 22.30 Uhr, ORF 2: WELTjournal: Mein Kabul“ von Afghanistan-Kenner Fritz Orter

Anlässlich der Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan zeigt das „WELTjournal“ das ungewöhnliche Stadtporträt „Mein Kabul“ von Afghanistan-Kenner Fritz Orter. Der langjährige ORF-Reporter hat es bei seinem letzten Besuch in Kabul vor fünf Jahren gestaltet. Die Stadt am Hindukusch ist für ihn jedes Mal wieder eine extreme Herausforderung für Kopf, Herz und Seele, so Orter. Er hat Kabul bereits in den 60er Jahren bereist, damals in einer der wenigen friedlichen Perioden. Später hat Orter für den ORF unzählige Male aus Kabul berichtet, über Krieg und Bürgerkrieg, über Aufstieg, Sturz und Wiedererstarken der Taliban.

In seinem Porträt von Kabul zeichnet Fritz Orter in persönlichen Erzählungen die bewegte Geschichte und Kultur der Vier-Millionen-Einwohner-Stadt am Hindukusch nach: er trifft den einst mächtigen Taliban-Sprecher wieder, der sich nach Jahren im US-Gefangenenlager Guantanamo damals gemäßigt gibt. Er spricht mit einer Filmregisseurin über die unglaubliche Gewalt, der sich Frauen gegenübersehen. Im Nationalen Musik-Institut zeigt Orter, wie eng Musikerziehung in Kabul mit Österreich verbunden ist. Im Atelier eines afghanischen Malers entdeckt er Bilder mit erotischen Sujets, deren Anfertigung in Afghanistan strengstens verboten und unter den Taliban höchst riskant ist.

23.05 Uhr, ORF2: „WELTjournal +: Die Dolmetscher – Lebensgefahr am Hindukusch“

Bis zum Ende ihres Truppenabzugs wollten die USA tausende afghanische Dolmetscher und Helfer aus Kabul in Sicherheit bringen – dazu scheint es jetzt, nach der Machtübernahme der Taliban, zu spät. Afghanische Dolmetscher, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten mit den US-Streitkräften zusammengearbeitet haben, gelten den Taliban als Verräter und müssen um ihr Leben fürchten. Ganz ähnlich ergeht es Dolmetschern im Irak: ein Visumsantrag kann Jahre dauern, Racheakte gegen Helfer der USA sind an der Tagesordnung.
Das „WELTjournal+“ zeigt die bewegende Geschichte zweier Dolmetscher, die die Gefahren schildern, denen sie tagtäglich ausgesetzt sind und die mit allen Mitteln versuchen, sich und ihre Familien außer Landes zu bringen.

Freitag, 20. August, 22.35 Uhr, ORF 2: „Universum History: Verwundetes Land - Afghanistan im Bann des Terrors“

Spielball ideologischer Großmachtsinteressen, von Bürgerkriegen zerrissen, von islamistischem Terror geprägt: so kennt die Welt Afghanistan. 20 Jahre nach 9/11 zeichnet „Universum History“ mit der 90-minütigen Dokumentation „Verwundetes Land – Afghanistan im Bann des Terrors“ von Lucio Mollica, Marcel Mettelsiefen und Mayte Carrasco (ORF-Bearbeitung: Judith Brandner) ein außergewöhnliches Bild des Landes am Hindukusch: Sechs Frauen, die sich als Politikerinnen, Frauen- und Menschenrechtsaktivistinnen für ihr Land engagiert haben, lassen die Geschichte Revue passieren – von einer unbeschwerten Friedensphase in den 1960er Jahren bis zur drohenden, neuerlichen Übernahme durch die Taliban.

40 Jahre Krieg haben das Leben der Menschen in Afghanistan geprägt. In der neuen Dokumentation „Verwundetes Land – Afghanistan im Bann des Terrors“ sprechen sechs Afghaninnen über ihre Erfahrungen mit Krieg, politischem und islamistischem Terror und zeigen auf, wie vor allem afghanische Frauen zu Opfern gewaltsamer Politik geworden sind. Deutlich werden aber auch ihr Mut, ihr Engagement und die Tapferkeit, mit der sie für ihr Land kämpfen. Die ehemalige „Miss Afghanistan 1972“ kommt in der Doku ebenso zu Wort wie die frühere Frauenministerin und Staatssekretärin für Menschenrechte, die Tochter des letzten kommunistischen Präsidenten sowie Parlamentarierinnen und Aktivistinnen. Kaum gezeigtes Archivmaterial ergänzt das Bild eines zutiefst verwundeten Landes.

Samstag 21. August, 16.55 Uhr, ORF 2: „Religionen der Welt: Die Ideologie der Taliban“

In Blitzgeschwindigkeit hat die radikalislamische Taliban Afghanistan eingenommen. Nur zwei Wochen nach dem Abzug der internationalen Truppen, will die Terrorgruppe das „Islamische Emirat Afghanistan“ ausrufen. In der Bevölkerung ist die Angst vor Vergeltungsaktionen groß und auch international herrscht Schockstarre nach dem Taliban-Siegeszug. Die kommende Ausgabe von „Religionen der Welt“ versucht die Ideologie der Terroristen näher zu beleuchten. Wie werden sie den Islam für ihre Interessen interpretieren? Wer sind die Anführer der Terrorgruppe und was bedeutet die Eroberung Afghanistans durch die Islamisten für die Frauen und Mädchen im Land?

Dienstag, 24. August, 22.35 Uhr, ORF 2: „kreuz und quer: Die Kinderkrieger der Taliban“

„Die Taliban sind gut – die Taliban werden unser Land aufbauen“, sagt ein 10-jähriger Bub in die Kamera. „Sie haben mir eine Bombenweste gegeben und gesagt, ich soll mich am Checkpoint in die Luft jagen.“ 50 Afghanis (etwa 100 Euro) hat er für sein Leben bekommen. Wie einige andere Kinder wurde er noch vor dem Attentat aufgegriffen und befindet sich jetzt in einem afghanischen Lager, wo er – mit vielen anderen Kindern – die Chance auf eine gute Zukunft bekommen soll. Die Doku zeigt unter anderem Aufnahmen aus diesem Lager und zeigt das Schicksal dieser Kinder – und auch von der Schwierigkeit, ein neues Wertesystem aufzubauen.

23.05 Uhr, ORF 2: „Drachenläufer“

In der einfühlsamen Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Khaled Hosseini über das traumatische Schicksal zweier in der Kindheit getrennter Freunde erzählt Marc Forster („Monster's Ball“) eindrucksvoll zwei Jahrzehnte der von Krisen gezeichneten Geschichte Afghanistans. Afghanistan, 1978: Die aus unterschiedlichen Schichten kommenden zwölfjährigen Buben Amir und Hassan sind die besten Freunde, bis sich ihre Lebenswege abrupt trennen. Amir, der vor der Roten Armee mit seinem wohlhabenden Vater 'Baba' in die USA emigrieren muss, gelingt dort eine Schriftstellerkarriere. Zwanzig Jahre später, erhält er einen überraschenden Anruf von Rahim Khan, einem guten Freund seines Vaters: 'Es gibt eine Möglichkeit, es wiedergutzumachen.' Die Reise in seine Heimat bedeutet für Amir, sich den Schatten der Vergangenheit zu stellen.

Dienstag, 31. August, 22.35 Uhr, ORF 2: „kreuz und quer: Tausend Mädchen wie ich“

2014 erlebte Afghanistan den spektakulären Fernsehauftritt einer 23-jährigen Frau: Khatera, so ihr Name, beschuldigt ihren Vater vor laufender Kamera, sie seit ihrem zehnten Lebensjahr sexuell missbraucht und misshandelt zu haben. Und sie bringt den Fall vor Gericht. Zwei Jahre lang dokumentiert eine engagierte Filmemacherin Khateras steinigen Weg im Kampf um Gerechtigkeit. Es ist ein Kampf gegen Traditionen, ein mangelhaftes Justizsystem und Korruption, gegen Morddrohungen, Existenzängste und die Furcht, selbst wegen "unzüchtigen" Verhaltens im Gefängnis zu landen.

ORF-III-Themenabend am 21. August

Auch ORF III ändert aus aktuellem Anlass sein Programm und beleuchtet am Samstag, dem 21. August, im Rahmen der „zeit.geschichte“ die Hintergründe der seit Jahrzehnten andauernden Konflikte in Afghanistan, die kürzlich in einer erneuten Machtübernahme der Taliban mündeten. Den Auftakt des dreiteiligen Doku-Abends macht „Afghanistan – Die Wurzeln eines Krieges“ (20.15 Uhr) von Alberto Marquardt. Die radikalislamischen Taliban haben den Kampf um Afghanistan in der vergangenen Woche für beendet erklärt. Unterdessen gehen die Evakuierungen und Ausreisen weiter – sofern überhaupt möglich. Aber wo liegen die Ursachen dieses Krieges? Es ist die letzte Phase eines Konflikts, der zwar schon in den 1970er Jahren begonnen wurde, aber mit der Intervention der USA vor 20 Jahren, im Zuge der Terroranschläge auf das World Trade Center, völlig neue Ausmaße annahm. Wie die USA das Mächteverhältnis Afghanistans veränderten und schlussendlich die Geschehnisse der letzten Tage maßgeblich beeinflussten, zeigt diese Dokumentation.

Danach folgt „Der Preis des Krieges – Afghanistan“ (21.45 Uhr) aus dem Jahr 2021. Regisseur Max Serio beleuchtet die seit 1978 in Afghanistan immer wieder auftretenden Kriege, die zusammengerechnet mit mehr als zwei Billionen Dollar zu den teuersten Konflikten der Geschichte zählen. Abschließend setzt Nicolas Jallot in „Albtraum Afghanistan – Todeskampf der Sowjetunion“ (22.35 Uhr) bei den Ereignissen im April 1978 an, als Leonid Breschnew im Zuge eines Staatsstreichs afghanischer Kommunisten sowjetische Truppen nach Kabul schickte – die schlussendlich knapp zehn Jahre dort verweilten. ORF-Auslandschef Andreas Pfeifer führt als Präsentator durch den Abend in ORF III und ordnet die Dokumentationen in Bezug auf die aktuelle Lage in Afghanistan journalistisch ein.