ORF-Gebühr und Co.: Kein Ja, kein Nein, aber ein Datum
Dem Medienminister ist es ernst. Aber womit?
Was Türkis-Blau mit dem ORF und dem gesamten heimischen Medienmarkt vorhat, soll – wie wiederholt berichtet – eine Enquete klären. Um das Datum dieser vorzustellen, traten jüngst Gernot Blümel (ÖVP) und der Mediensprecher der FPÖ, Hans-Jörg Jenewein, vor eine große Journalistenrunde und verkündeten, dass am 7. und 8. Juni an den großen Fragestellungen des Medienmarktes getüftelt werde. Von Experten.
Was aber will die Regierung selbst? FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat sich in den vergangenen Wochen öffentlich mit der Forderung einbetoniert, dass die Rundfunkgebühr gestrichen gehöre. Was eine heikle Frage ist, schließlich garantieren die Gebühren eine gewisse Rest-Unabhängigkeit des Öffentlich-Rechtlichen (dessen Topjobs regelmäßig nach politischen Wünschen besetzt werden). Würden die jährlich rund 600 Millionen beispielsweise aus dem Staatshaushalt fließen, müsste die ORF-Führung womöglich ständig bei der Politik um Geld betteln, fürchten Kritiker. Werden sie ersatzlos gestrichen, könnte der ORF in der jetzigen Form eigentlich genauso gut zusperren.
Was also sagt der Medienminister in diesem zentralen Punkt? Öffentlich gar nichts. „Sie werden von mir in dieser Frage kein Ja oder Nein bekommen“, erklärte Blümel und blieb auch auf Nachfrage dabei. Was das medienpolitische Mastermind der Regierung mit der heikelsten Stellschraube des Rundfunkmarktes vorhat, bleibt also geheim. „In einer Diskussion steht alles im Raum“, sekundierte Jenewein.
Referenten und Arbeitsgruppen
Auch sonst wurde breitflächig auf die Enquete verwiesen, die an zwei Frühsommertagen „in einer der größten kulturellen Landschaften, die es gibt“ (Blümel), dem Museumsquartier, über die Bühne gehen wird. Dabei werden internationale und nationale Referenten sprechen, und die Interessensvertreter der verschiedenen Medien miteinander debattieren, wie ein funktionierender Markt auszusehen hätte, wenn sie sich von der Regierung etwas wünschen dürften.
Ein klein wenig ließ sich Blümel übrigens doch in die Karten blicken: So würde er etwa den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF gerne neu gestalten. Der Versorgungsauftrag etwa sei nicht mehr zeitgemäß, was insofern richtig ist, als es den Rundfunk für die Übermittlung von Ton und Bild im digitalen Zeitalter streng genommen nicht mehr braucht. Auch das Thema Leistungsschutzrecht wäre für Blümel interessant, deutete er an. Damit könnten zum Beispiel Verlage sich von Google oder Facebook Geld holen, wenn diese mit Links zu ihren Inhalten Geld verdienen. Blümel will die Frage der digitalen Großkonzerne, die mittlerweile einen beträchtlichen Teil der Werbeeinnahmen im Internet lukrieren, auch auf europäischer Ebene angehen, wie er andeutete. Im zweiten Halbjahr führt Österreich schließlich den halbjährlich alternierenden EU-Vorsitz. Ebenfalls angedacht: Quoten für heimische Inhalte, etwa bei Ö3. Aber – bitteschön: „Besprochen wird das auf der Enquete.“ Aufhorchen ließ der Minister auch mit der Idee, öffentlich-rechtliche Produktionen des ORF nach einer Erstausspielung auch den Privatsendern zur Verfügung zu stellen – eine Forderung, die Puls4-Chef und Privatsenderlobbyist Markus Breitenecker aufgestellt hatte.
Auch der FPÖ-Mediensprecher ließ sich zu keiner inhaltlichen Festlegung hinreißen, sondern verlegte sich auf das Umreißen der Grundprobleme: „Wir müssen von der Situation ausgehen, dass die Medienlandschaft, wie wir sie heute kennen, in 20 Jahren völlig anders ausschauen wird“, sagte Jenewein.
„Wenig getan“
Handlungsbedarf herrscht zweifellos: Es gebe wahrscheinlich wenige politische Bereiche, „wo sich legislativ so wenig getan hat“, blickte Blümel kritisch zurück – und damit auch auf 31 Jahre durchgehende ÖVP-Regierungsbeteiligung. Die Diskussion in den vergangenen Jahren sei oft über Einzelthemen und damit „total am Problem vorbei“ geführt worden. Neue Gesetze soll es jedenfalls – wie angekündigt – geben. 2019 könnte etwas vorliegen, schätzt Blümel.
Für die Enquete gibt es schon Logo und Motto („MedienEnquete. Medien. Standort. Zukunft.“). Inhaltlich wird es um sechs Themenbereiche gehen: Europa, Wettbewerb, öffentlich-rechtlicher Auftrag und Public Value, Demokratie und Digitalisierung und „österreichische Identität“.
Wir reden im Juni weiter.