"Nicht alles in unserem Leben kommerzialisieren"
Von Christoph Silber
Rauschen, abgehackte Töne - so wie wenn man auf einem alten Radio per Hand nach einer Frequenz sucht - oder gar nichts mehr. Das könnte Teil der Zukunft von Opern-Aufführungen, Sportveranstaltungen, Musik-Events aber auch von Show-Übertragungen und Radio-Programmen sein.
2023 geht die Weltfunkkonferenz in den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Bühne. Dabei geht es vor allem auch um die künftige Nutzung des sogenannten UHF-Spektrums, auf das weltweit die Mobilfunker schielen. Um das zu verhindern, macht nun in Österreich eine breite Allianz aus ORF, privaten Rundfunksendern sowie von Kultur- und Eventveranstaltern mobil. Denn derzeit läuft die „politische Meinungsbildung“ auf nationaler Ebene sowie in der Folge auf EU-Ebene. Am Ende will Europa einen einhelligen Standpunkt präsentieren.
Derzeit wird das UHF-Spektrum für die Verbreitung von terrestrischem Rundfunk verwendet, der nach wie vor ca. 500.000 Menschen in Österreich Radio- und Fernsehnutzung ermöglicht. Theater, Opernhäuser und andere Veranstalter nützen den Frequenzbereich etwa für Funkmikrofone und andere drahtlose Geräte, da dieses Spektrum besonders gute Ausbreitungseigenschaften, hohe Audioqualität und Ausfallsicherheit aufweist.
Alternativlos
"Der Mobilfunk will in dieses Spektrum, weil sie dadurch weniger Funkmasten bauen müssten und damit Kosten sparen würden“, meinte Michael Wagenhofer, Geschäftsführer der Österreichischen Rundfunksender (ORS) und Sprecher der Frequenz-Allianz im Volkstheater in Wien. Problematisch wäre dies, weil Mobilfunk Frequenzen aus physikalischen Gründen nur allein nutzen könne. Rundfunk und Kultur stünden sie damit nicht mehr zur Verfügung. Es sei aber für die betroffenen Branchen kein Spielraum mehr vorhanden. "Unsere Forderung nach einer langfristig abgesicherten exklusiven Nutzung des Rundfunkspektrums ist alternativlos“, so Wagenhofer. Er empfiehlt im Gegenzug den Mobilfunkern, ihre "Hausaufgaben zu machen" und ungenutzte Bereiche wie etwa jener für 2G neu zu ordnen.
ORF-Technikdirektor Harald Kräuter mahnte, der Frequenzbereich sei wichtig, um etwa Shows wie "Starmania“ zu produzieren oder auch Übertragungen vom Opernball oder Fußballspielen gewährleisten zu können. "Der Rundfunk in Österreich braucht sein Frequenzspektrum, um Inhalte niederschwellig, effizient und kostengünstig zu den Menschen zu bringen“, setzte sich auch Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender, für die Forderung der Allianz und damit Angebotsvielfalt und Medienqualität ein. Dabei geht es auch schon um den künftigen Hybrid-Standard des 5G-Broadcasting, das Fernsehen als Rundfunk aufs Handy bringt ohne ein Datenvolumen eines Mobilfunkers.
Kein Plan B
"Wir schätzen unsere Mobiltelefone und Mobilfunkbetreiber leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Das ist aber mindestens genauso für die Kultur zu sagen. Wir sollten nicht alles in unserem Leben kommerzialisieren“, sagte Othmar Stoss, der als Präsident der Österreichischen Theatertechnischen Gesellschaft (OETHG) rund 300 Mitglieder aus der Kultur- und Eventbranche vertritt. Keine Kulturveranstaltung komme heute mehr ohne Frequenz-Technik aus. Einen Plan B haben die Kulturveranstalter nicht parat. „Selbst wenn es ihn gäbe, kämen Fragen finanzieller Natur hinzu. Man müsste alle bisherigen Investitionen kübeln“, so Stoss. Für Daniel Serafin. Direktor, Oper im Steinbruch St. Margarethen, "unvorstellbar".
Die Entscheidungsfindung bis zur Konferenz startet zunächst in Österreich, wobei die Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus unter Elisabeth Köstinger (ÖVP) fällt. Man sei mit dem Ministerium bereits in intensivem Austausch und habe das Gefühl, die Beamten nehmen die Anliegen der Allianz „sehr ernst“, so Wagenhofer. Im Anschluss geht es auf EU-Ebene darum, zu einem gemeinsamen Standpunkt für die Weltfunkkonferenz zu finden. „Es braucht eine gemeinsame europäische Entscheidung“, meinte der ORS-Geschäftsführer. In Deutschland gibt es jedenfalls bereits ähnliche Sorgen und Anliegen, setzt sich dort doch bereits die Initiative „SOS - Save Our Spectrum“ ebenfalls für den Erhalt der Funkfrequenzen für Kultur und Medien ein.