Kultur/Medien

Lehren aus dem Zigarrenkauf und dem nahenden Faschismus

Film.

Erfolgsregisseur Nikolaus Leytner über seine Seethaler-Verfilmung „Der Trafikant“. Mit dem rabenschwarzen Krimi „Schwarzfahrer“ mit Lukas Resetarits oder der Komödie „Drei Herren“ mit Karl Markovics und Karl Merkatz sorgte Nikolaus Leytner in den 1990ern für Kinohits. Für sein Alzheimer-Drama „Die Auslöschung“ und „Die Kinder der Villa Emma“ erhielt der österreichische Regisseur und Autor zahlreiche internationale Preise.

Kein Wunder also, dass Nikolaus Leytner den Zuschlag erhielt, als es darum ging, den Bestseller „Der Trafikant“ von Robert Seethaler zu verfilmen. Im Mittelpunkt der Geschichte steht ein junger Mann, der vom Lande ins Wien der Neunzehndreißigerjahre kommt und dort einem der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts begegnet: Sigmund Freud. Er arbeitet als Lehrling in einer Trafik und ergreift die Gelegenheit, vom prominenten Zigarrenkäufer alles über die Liebe erfahren. Stattdessen wird er mit dem Ernst des Lebens konfrontiert – mit den ersten Anzeichen und Auswirkungen des Hitlerfaschismus.

„Der Trafikant“ soll Anfang Oktober ins Kino kommen. Der KURIER hat Nikolaus Leytner während der Fertigstellung seines mit Spannung erwarteten Films zum Interview getroffen.

KURIER: Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Seethalers Bestseller verfilmen konnten?

Nikolaus Leytner: Ich war sofort überzeugt davon, dass „Der Trafikant“ ein toller Filmstoff ist. Aber da „Der Trafikant“ auf Anhieb ein Bestseller wurde, war die Konkurrenz natürlich groß. Ich habe zwar dann doch erfreulicherweise den Zuschlag bekommen, aber die Aufgabe dieser Literaturverfilmung ist inzwischen noch schwieriger geworden. Denn der Roman ist zur Pflichtlektüre an deutschen Mittelschulen geworden und daher gibt es bereits mehrere Tausend Verfilmungen, die in den Köpfen der Leser entstanden sind.

In Ihrem Film gibt es visuell sehr stark gestaltete Traumsequenzen. Lassen diese Bilder womöglich Rückschlüsse auf Ihre eigenen Träume zu?

Nein (lacht). Obwohl es stimmt, dass ich den Träumen des jungen Protagonisten mehr Bedeutung gegeben habe, als der Roman. Lediglich einer der Träume wird auch im Buch näher beschrieben. Mit diesen Träumen – auch mit den Tagträumen – wollte ich vor allem eine zweite, psychologische und vor allem eine visuelle Ebene in den Film bringen, die über die literarische Vorlage hinausgeht.

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Der jugendliche Held Ihres Films scheint die ersten Anzeichen des Nazi-Terrors kaum wahrzunehmen. Eine Metapher für die schweigende Mehrheit der NS-Zeit? Vielleicht auch für das Verhalten gegenüber der zunehmenden rechten Tendenzen in der heutigen Politik?

Nicht nur. Denn man muss auch Verständnis dafür haben, wenn sich ein 17-Jähriger zunächst einmal für das Dekolleté einer Kundin mehr interessiert, als für das politische Geschehen rund um ihn.

Sehen Sie Ihren Film auch als Warnung , dass sich geschichtliche Ereignisse wiederholen können?

Politik wirkt letztlich immer über die Herzen und die kann auch ein Film erreichen. Aber ich fürchte, dass sich Filme wie „Der Trafikant“ immer mehr nur jene Menschen anschauen, die eh schon dieser Meinung sind… Meine Hoffnung ist, dass man den Film – so wie auch den Roman – auch an Schulen zur Diskussion stellt. Da könnte ich mir vorstellen, dass der jugendliche Protagonist für einige doch zur Identifikationsfigur werden könnte. Aber leider werde ich bei der Beantwortung der Frage „was kann Kunst?“ immer skeptischer. Man kann – wie man so schön sagt – „ein Zeichen setzen“. Und für eine möglichst große Breitenwirkung dieses Zeichens war es für mich wichtig, dass der Film auch unterhält.