Kultur/Medien

Der ORF sucht eine Strategie: Alles für jeden

In Zeiten wie diesen einen Plan zu haben, ist schon mal nicht schlecht. Kommende Woche soll die neue ORF-Strategie für die Zeit bis 2025 vom Stiftungsrat beschlossen werden. Die Eckpunkte, wie sie ORF-Chef Alexander Wrabetz eben im Publikumsrat skizziert hat: Das Publikum steht im Mittelpunkt; Content für jeden und überall und daraus folgend eine Hybrid-Strategie mit dem digitalen Leitprojekt ORF-Player, dem Ausbau der Social-Media-Aktivitäten und der Weiterentwicklung linearer TV- und Radio-Kanäle.

Die Stiftungsratssitzung am nächsten Donnerstag ist jedenfalls die letzte Möglichkeit für einen Beschluss, weil mit dem Jahr auch die bisher gültige endet. „Eine Strategie sollte so rechtzeitig vorliegen, dass sie von Anfang an Leitlinie für das Handeln sein kann. So gesehen ist die ORF-Führung jedenfalls nicht zu früh dran“, meint ÖVP-Stiftungsrat Thomas Zach nicht ohne Ironie. Sein SPÖ-Pendant Heinz Lederer betont hingegen die Qualität der geleisteten Arbeit: „Ich habe selten so einen intensiven Strategie-Prozess erlebt.“ Das sei auch ein Verdienst Zachs. Allein das Begleitmaterial umfasse viele Hundert Seiten.

Getrieben ist die neue Strategie von der nicht ganz so neuen Erkenntnis, dass die US-Giganten von Google bis Amazon nicht nur Werbegelder im großen Stil absaugen – Wrabetz sprach von einer Milliarde Euro jährlich –, sondern auch die jungen Konsumenten. Sie überhaupt noch für den ORF und seine Inhalte zu interessieren, ist ein Gebot der Stunde.

Schwergewicht

„Das bringt mit sich, dass wir ein Schwergewicht auf die Entwicklung der digitalen Verbreitung, also den neuen ORF-Player, legen müssen, gleich welche gesetzlichen Rahmenbedingungen es gibt“, betont Zach. Wobei gilt: „Der Weg zur digitalen Plattform macht die bisherigen Radio- und TV-Kanäle noch auf Jahre nicht überflüssig.“ Nicht zuletzt verdienen die das (Werbe-)Geld, immer noch ein Viertel des Budgets.

Die ORF-Gremien waren stark involviert in die Erarbeitung. Das habe sich auch aus dem Zeitdruck ergeben, relativiert Zach. Denn die Strategie sei „immer noch Sache der Geschäftsführung. Wir sind keine Neben-Geschäftsführung.“ Daraus ist für ihn auch kein Freifahrtsschein für Wrabetz bei der ORF-Wahl 2021 abzuleiten. Man müsse das nicht überhöhen. „Die Entwicklung einer Strategie ist, wenn auch hier in einem dynamischen Markt, keine Mission zum Mars. Das gehört auch zum Pflichtprogramm wesentlich kleinerer Unternehmen.“

Austrocknung des ORF

Für Lederer „gibt es keinen Grund, die Strategie-Entwicklung und das Ergebnis gering zu schätzen, das hieße, auch die vielen Experten aus dem Haus und externe Fachleute, aber auch die Vertreter der Bundesländer und der Freundeskreise, die sich eingebracht haben, gering zu schätzen.“ Und er betont: „Die noch stärkere Ausrichtung des ORF auf die Bedürfnisse des Publikums ist der einzig richtige Weg.“

Daran schließt Lederer die Forderung an „die Regierung und allen voran den Medien-Kanzler“, dem ORF mit einer Gesetzesnovelle entsprechende Möglichkeiten zu geben. Wie wichtig er sei, habe der ORF zuletzt mehr als nur einmal bewiesen – siehe Corona, Terror, Ibiza. „Außer es ist das Ziel die schleichende Austrocknung mit einer einhergehenden Orbanisierung, vor der ich ausdrücklich warne“, so Leder. Weitere Sparpakete zu ohnehin laufenden seien darum abzulehnen. „Es stünde der Regierung gut an, über eine Gebührenrefundierung als unterstützende Maßnahme nachzudenken, wie sie auch andere Unternehmen in diesen Zeiten unterstützt.“