4Gamechangers: Medienschwerpunkt lotete Zukunft der Branche aus
Was wurde eigentlich aus dem ORF-Gesetz? Der Öffentlich-Rechtliche will endlich mehr Möglichkeiten im Digitalen Raum bekommen, Privatsender und Verleger halten dagegen. Umso stärker betont der ORF seine kooperative Seite, was am Donnerstag zu einem bisher ungekannten Moment führte: ORF-Generaldirektor stand gemeinsam mit dem Puls4-Chef auf der Bühne. Das von Puls 4 ins Leben gerufene Digitalfestival 4Gamechangers wurde erstmals gemeinsam veranstaltet. ORF-Chef Roland Weißmann und der CEO von ProSiebenSat.1 PULS 4, Markus Breitenecker gaben sich demonstrativ einen Fistbump auf der Bühne: "Die Herausforderungen der globalen Welt sind sehr groß, daher ist die Zusammenarbeit besonders wichtig", so Weißmann. Breitenecker betonte: "Wir möchten ein Zeichen setzen und zusammenarbeiten, denn 'Kooperation statt Konkurrenz' ist das Motto."
Kein Schwerpunkt, aber doch wichtig
Die Veranstaltung, von ORF1 ins Nachtprogramm verräumt und unter tags gestreamt, ist kein Interessensschwerpunkt des ORF. Offenkundig ist die neue Führung aber darum bemüht, Einvernehmen mit seinem lautesten Konkurrenten herzustellen. Denn die Verhandlungen zum ORF-Gesetz gestalten sich zäh: Jüngst haben sich die Chefredakteure von Österreichs Zeitungen zu Wort gemeldet und vor einer Einschränkung der Medienvielfalt gewarnt, wenn der ORF noch mehr Rechte bekäme. Den Verlagen ist unter anderem ORF.at ein Dorn im Auge, das immer mehr einem täglichen Magazin gleicht. Und Breitenecker wird nachgesagt, großes Interesse an ORF-Inhalten zu haben. Solange all diese Bälle in der Luft sind, geht man lieber zu einer Veranstaltung zu viel als zu einer zu wenig - und schickt auch sein Spitzenpersonal hin: ORF-Anchor Martin Thür war dort ebenfalls auf einem Panel wie Tobias Pötzelsberger das hätte sein sollen (er sagte ab).
Schwerpunkt Medien/Daten
Am Donnerstag gab es neben dem Paarlauf Weißmann/Breitenecker auch einen Medien- und Datenschwerpunkt. In der Marx Halle in Wien skizzierte dabei Gerhard Zeiler, President International bei Warner Bros. Discovery, die Zukunft des Fernsehens. Der Streamingboom setze sich fort, aber lineares Fernsehen sei nicht tot, prognostizierte er. Entscheidend für ein Medienunternehmen sei, ob es sich rasch an die Wünsche des Publikums anpassen könne. Denn: "Der Konsument entscheidet, der Konsument ist König", sagte Zeiler. Dabei habe man im Bewegtbildbereich mit immer mehr Konkurrenz zu tun. Längerfristig werde der Markt jedoch unter einigen wenigen Anbietern aufgeteilt werden - alleine schon aus finanziellen Gründen. "Größe zählt", meinte der österreichische Medienmanager.
Eigene Marke wichtig
Um bestehen zu können und die produzierten Inhalte auch refinanzieren zu können, müsse man sich auf die eigene Marke konzentrieren und den Nutzerinnen und Nutzern etwas bieten, das sonst niemand im Angebot habe. Auch sei es von Vorteil möglichst breit aufgestellt zu sein und verschiedene Bezahlmodelle zu etablieren: neben Abonnements auch billigere Modelle mit Werbung oder auch reine Werbefinanzierung.
APA will Technologie-Genossenschaft
APA-Geschäftsführer Clemens Pig strich in einer Keynote die "Schlüsselrolle" von Nachrichtenagenturen für den Nachrichtenmarkt hervor. Sie seien zwar vielen in der Bevölkerung nicht bekannt, verantworten aber bis zu zwei Drittel der täglich an die Öffentlichkeit gelieferten Informationen. "Bedrückend" sei, dass lediglich 20 von 140 Nachrichtenagenturen weltweit staatlich unabhängig agieren und diese mit schrumpfenden Ressourcen konfrontiert seien.Um weiter unabhängig arbeiten zu können, müsse man aktiv werden. "Lasst uns eine europäische Technologie-Genossenschaft im Eigentum der freien Nachrichtenagenturen und Medien gründen", schlug der APA-Chef vor. Mit dieser könnte in einer europäischen Digitalökonomie kooperativ gewirtschaftet werden - ein echter "Gamechanger" wäre das, so Pig, der auch Präsident der europäischen Nachrichtenagentur-Allianz EANA ist.
Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) hielt fest, dass mit zunehmender Digitalisierung auch die Verantwortung des Staates wachse, sicher mit Daten umzugehen und etwa Vorfälle wie Datenleaks zu verhindern. Hier sollte verstärkt im europäischen Kontext gedacht werden, meinte er. Auch sprach er ein gewisses Misstrauen gegenüber E-Government-Anwendungen an: "Wir müssen das Vertrauen in digitale Lösungen des Staates massiv steigern."