Kultur

McCartney in Wien: Lächeln und Groove für alle

Kann man da was zum Nörgeln finden?
Klar, wenn man sich sehr bemüht, findet man immer was zum Nörgeln.
Zum Beispiel könnte man anmerken, dass seine Stimme doch merklich an Gewicht verloren hat. Mehr als 50 Jahre Herumschreien im Dienste der Rockmusik fordern ihren Tribut. (Man höre sich einmal „Maybe I’m Amazed“ an, oder „Helter Skelter“, dann kriegt man einen Eindruck davon, welche Reißtests seine Stimmbänder überstehen mussten.) Na und? Der Mann ist 71, er trifft trotzdem jeden Ton perfekt und er klingt – anders als andere alternde Stars – immer noch nach sich selbst.

Man könnte anmerken, dass es fad ist, zum x-ten Mal totgespielte Pop-Schlager wie „Yesterday“ oder „Lady Madonna“ zu hören, dabei hätte er doch so viele andere interessante Stücke. Andererseits: Viele Menschen freuen sich genau über diese erwähnten Schlager und können sie nicht oft genug hören. Zudem gab es in Wien genug Raritäten zu hören. Etwa die selten gespielten Wings-Stücke „Junior’s Farm“ und „Mrs. Vandebilt“, Nineteen Hundred And Eighty-Five“, oder die John-Lennon-Nummer „Being For The Benefit Of Mr. Kite“ vom „Sgt. Pepper“-Album, inklusive rauschender Kirtags-Atmosphäre. Und „Ram On“ als Ukulele-Solo.

Und schließlich könnte man anmerken, dass 27.000 keineswegs nur verkaufte, sondern auch verschenkte Stadion-Karten ein wenig mager sind für einen staatlich geprüften Superstar.

Aber das alles ist letztlich völlig irrelevant. Relevant ist: Ein Ex-Beatle – also beinahe eine Gottheit – war da, hat fast drei Stunden lang seine wunderbaren Songs mit uns geteilt, dabei jedem Besucher ein Lächeln ins Gesicht und einen Groove in die Zehe gezaubert und großartige Rock-Unterhaltung geboten. Das ist viel, sehr viel wert.
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Die Bilder vom Wiener McCartney-Konzert

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Die Band!

Bevor vor lauter Freude – Sie müssen bitte verzeihen, aber der Autor dieser Zeilen ist rettungsloser Beatles-Fan – wieder die Zeilen knapp werden und der Artikel aus ist, sei eines erwähnt: McCartney hat eine fantastische Band hinter sich, die ihn seit Jahren begleitet, die sensationell gut spielt und singt und es tatsächlich schafft, auf Abruf wie die Beatles oder wie die Wings zu klingen. Stellvertretend für alle sei der großartige Schlagzeuger und Sänger Abe Laboriel jr. genannt.

McCartneys Konzert hatte alles zu bieten: Nostalgie („Eight Days A Week“, „All My Loving“), Sentiment („And I Love Her“, „Let It Be“), eine Verbeugung vor George Harrison („Something“), großes Feuerwerk-Spektakel („Live And Let Die“), Kinderlied-Schunkelei („All Together Now“, „Ob-La-Di, Ob-La-Da“), modern klingenden Hardrock („Helter Skelter“, „Day Tripper“), Psychedelic-Rock („Paperback Writer“), Rock ’n’ Roll („Hi, Hi, Hi“, „I Saw Her Standing There“).

Politik

Und sogar ein bisschen politische Kritik erlaubte sich der sonst so diplomatische McCartney: Bei „Back In The USSR“ ließ er den Schriftzug „Free Pussy Riot“ einblenden.

Bei „Hey Jude“ kam das große Mitsing-Spiel: „Und jetzt nur die Mädschen! Und jetzt nur die Härren! Und jetzt Conchita Wurst ...“ (ok, den letzten Satz hat er nicht gesagt). „Blackbird“ und „Here Today“ brachte er gefühlvoll solo auf einem Hebe-Podest, inklusive kitschiger Vollmond- und Wasserfall-Einblendungen.

Dass McCartney seine drolligen deutschen Ansagen, aber auch die meisten Songtexte mittlerweile vom Teleprompter abliest – geschenkt. Ebenso seine ewigen Kasperl-Einlagen und Anekdoten. Fazit: So geht das, und nicht anders.

KURIER-Wertung: ***** von *****

Linda Eastman, Tochter eines New Yorker Musikanwalts, war 1968 die erste Fotografin, die ein Foto auf der Titelseite des Rolling Stone platzieren konnte. Zwei Jahre zuvor hatte sie nach dem Kunststudium noch am Empfang eines New Yorker Magazins gearbeitet und davon geträumt, berühmte Rockstars fotografieren zu können.

Als sie durch Zufall einen Presseausweis für eine Pressekonferenz der Rolling Stones auf dem Hudson River in die Hände bekam, gelang es ihr, einige großartige Fotos der Gruppe abzuliefern: Sprungbrett zur Karriere als Musikfotografin. „Ich trage meine Kamera in die Welt hinein, die ich wirklich liebe“, sagte sie, die schon vor ihrer ersten Begegnung 1967 mit Beatle Paul einen Namen als Fotografin hatte.

Sie war selbst ein Teil der Pop-Szene und konnte daher als Chronistin der Sixties unglaublich ausdrucksstarke und zugleich entspannte Bilder machen. Porträts von Rockstars wie Pete Townshend, Simon & Garfunkel oder Cream-Drummer Ginger Baker, aber auch simple Schnappschüsse sind im Kunst Haus Wien ausgestellt. Außerdem viele private Bilder und u. a. Fotos von Pferden, Tulpen oder schottischen Kohlearbeitern.

INFO: Bis 6. 10., Kunsthaus Wien, 3., Untere Weißgerber Straße 13, tgl 10–19 Uhr;
www.kunsthauswien.com

Bilder der Linda McCartney-Ausstellung

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