Maria Theresia: Die Marathon-Monarchin
Maria Theresia schreibt auf ihrem Handy noch rasch eine SMS-Nachricht, bevor sie die Kirche betritt. Der Priester, der dort auf der Kanzel wartet, lässt sich vor dem hohen Besuch noch rasch den Schweiß von der Stirn tupfen und mit der Puderquaste mattieren. Als der Ruf „Action“ durch die Kirche St. Thomas hallt – ein Kulturdenkmal mitten in der Prager Altstadt – steckt Ex-Buhlschaft Stefanie Reinsperger rasch ihr Handy weg. Und plötzlich wird sie – von Perücke bis Schnallenschuh – zur majestätisch-eindrucksvollen Monarchin.
Umgeben von etwa einhundert, ebenfalls prächtig gekleideten Komparsen betritt sie die Kirche, wo sie Johannes Krisch als Priester erwartet. Noch etwa eine Woche lang dreht der Oscar-nominierte Starregisseur Robert Dornhelm – aufgrund des großen Erfolges der ersten beiden Teile – zwei weitere Folgen der internationalen Eventproduktion „Maria Theresia“.
KURIER: Sie drehen mit einer neuen Hauptdarstellerin. Welchen Einfluss hat das auf den Inhalt sowie auf die Inszenierung der neuen Folgen?
Robert Dornhelm: Es hat sich zufällig ergeben, dass wir umbesetzen mussten, weil Marie-Luise Stockinger fix ans Burgtheater ging und frei sein wollte für die künftigen Herausforderungen unter dem neuen Intendanten Martin Kušej. Für die Produzenten und mich war das so, als müssten wir plötzlich schnellere Fahrt aufnehmen – also nach Folge 1 und 2 auf den auf den dritten und vierten Gang schalten. Es war uns klar, dass die Maria Theresia psychologischer und tiefgründiger werden musste. Eine neue Darstellerin erfordert eine neue Herangehensweise an die Figur.
Da Maria Theresia als erste Monarchin auf eine Liebesheirat bestanden hatte, war es naheliegend, in den ersten beiden Teilen vor allem eine publikumswirksame romantische Geschichte zu erzählen. Sie steht jetzt mitten in historischen Ereignissen, die vielen bekannt sind. Macht das die Arbeit leichter oder schwieriger?
Wenn man sich darauf einlässt, die Geschichte weiterzuerzählen, dann muss man sich auch mehr auf die historischen Hintergründe einlassen. Auf all die Machtspiele der damaligen Zeit, deren Einflüsse bis in die heutige Zeit spürbar sind – und die sind mir eigentlich wichtiger als das Privatleben einer Monarchin. Die Zeitreise mit schönen Kostümen und prächtigen Perücken ist zwar eine Zeit lang interessant, aber dann muss man auch überlegen – warum macht man diese Zeitreise?
Die Machtpolitik von Maria Theresia – ob sie nun durch Kriege oder strategische Heiratsvermittlungen erfolgte – spielt ja auch heute noch eine Rolle. Glauben Sie, dass das wachsende Interesse des Publikums an Historien-Serien darauf zurückzuführen ist, dass immer mehr Menschen diese Form von „Infotainment“ als willkommenen Geschichtsunterricht sehen?
Ich glaube, dass dem Publikum immer mehr bewusst wird, dass jedes Kostüm-Epos auch die heutige Zeit widerspiegelt. Und auch ich sehe, wenn ich die Maria Theresia inszeniere, Parallelen zu absolutistischen Herrschern und Regimen der heutigen Zeit, die sich über Demokratien hinwegsetzen. Ich will jetzt nicht die jüngsten Äußerungen von Trump in diesem Zusammenhang zitieren – aber man muss sich vor Augen führen, dass heutzutage Machtmissbrauch und Diktatur nicht mehr (nur) auf Monarchien beschränkt sind. Es gibt rings um uns Rufe nach einem „starken Mann“, die immer lauter werden.
Es wurde ja auch schon aufgrund des Erfolgs von „Games of Thrones“ diskutiert, ob die Beliebtheit dieser „Märchen für Erwachsene“, die sich mit blutigen (ur-)instinktgetriebenen, zivilisatorisch-durchtriebenen Machtspielchen und intriganten Königen und Königinnen auseinandersetzen, ein Zeichen für die zunehmende Demokratie-Verdrossenheit sein könnten. Sehen Sie das auch so?
Ja, dem kann ich nur zustimmen. Interessant ist auch, was meinen Film betrifft, dass sich das #MeToo-Movement und viele Frauenbewegungen Maria Theresia voll auf ihre Fahnen heften. Sie sehen sie als tolle Frau, die Politik macht und nebenher auch Kriege führt – trotz ihrer sechzehn Kinder. Dass diese Frau auch den Satz geprägt hat, dass eine Ehe nur dann funktionieren kann, wenn die Gattin ihrem Manne dient und alles tut, um ihn glücklich zu machen, das wissen offenbar wenige. Dazu gibt es neben ihrer Doppelmoral noch viele andere Dinge, die man kritisieren könnte – aber sie ist die Heldin meines Filmes, und deshalb behandeln wir sie mit Nachsicht. Obwohl Stefanie Reinsperger überhaupt keine Probleme hat, die Zwiespältigkeit ihres Charakters genüsslich darzustellen. Wir können also dem Publikum einiges bieten.
Maria Theresias Leben war lang und so ereignisreich, dass es locker noch weitere vier Folgen füllen könnte. Wird es noch weitere Fortsetzungen geben? Maria Theresias Umgang mit dem Tod ihrer Tochter Marie Antoinette, die neun Monate nach ihrem Gatten, dem französischen König Ludwig XVI., auf dem Schafott starb, wäre ungeheuer interessant. Und auch wie diese erzkonservative Frau von ihrem, vom Geist der Aufklärung geprägten Sohn Josef II. gezwungen wird, ihr Regime liberaler zu gestalten, ist faszinierend. Interessant ist auch, dass Maria Theresia, die für sich selbst eine Liebesheirat durchgesetzt hat, dann ihre Töchter – wie ja auch Marie Antoinette – an europäische Herrscher regelrecht verschacherte, um Frieden zu stiften und Verbündete zu sichern. Nach dem Motto „Tu felix Austria nube“. Auf jeden Fall würde ich gerne noch zwei Folgen drehen – bis Marie Antoinette geköpft wird.
Maria Theresia verkörpert ja auch den Widerstreit zwischen Katholizismus und Antisemitismus in Österreich und in den einstigen Kronländern. Einerseits brauchte sie die Juden als Kreditgeber bzw. als Vermittler von Geldgeschäften, andererseits hegte sie – wie alle katholischen Habsburger - starke religiöse Vorurteile. Hat Sie das auch in Ihrer eigenen Sichtweise beeinflusst?
Die Evangelen hat sie ja auch nicht besonders gemocht. Ich bin im Banat aufgewachsen und das war ja genau die Gegend, wo sie viele der unliebsamen Bürger hingeschickt hat. Auf jeden Fall hat in dieser Zeit die Stadt Temeschwar, aus der ich herkomme, in dieser Zeit floriert. Dort wurde damals die erste Oper gebaut und es gab viele gute Restaurants und wahrscheinlich auch gute Bordelle (lacht).