Kultur

Leysen verspricht "nur Maßgeschneidertes"

Es war eine Überrachung, doch eine erfreuliche: Vergangene Woche verkündeten die Wiener Festwochen, dass die belgische Festivalmacherin Frie Leysen dem designierten Intendanten Markus Hinterhäuser von 2014 bis 2016 als Schauspieldirektorin zur Seite stehen wird. Zu formulieren, dass sie in dieser Funktion Shermin Langhoff ersetzt, die Wien im Mai aus dem Nichts heraus einen Korb gab, wäre nicht korrekt. Zu unterschiedlich sind nämlich die Theaterauffassungen der beiden Frauen.

Der KURIER sprach mit der Brüsselerin, Jahrgang 1950, die derzeit für Thomas Oberender, Chef der Berliner Festspiele, das Festival "Foreign Affairs" gestaltet.

KURIER: Ihr diesjähriger künstlerischer Kompagnon, Thomas Oberender, war Schauspielchef der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser dort Konzertchef und Intendant. Sind Sie über Salzburg nach Wien gekommen?
Frie Leysen: Sie meinen, ob die Herren "hinter meinem Rücken" über mich gesprochen haben. Das weiß ich nicht. Ich kenne Markus von früher. Als Pianist und aus Salzburg. Als er anrief und fragte, ob ich nach Wien kommen will, war ich erst verwundert, dann sehr erfreut.

Noch sind Sie in Berlin, wo Sie die "Foreign Affairs" unter das Motto "Clash of Visions" gestellt haben. Das heißt?
Künstler analysierenunsere Gesellschaft. Sie sind, jeder auf seine Art, Zeugen unserer Zeit. Ihre unterschiedlichen Sichtweisen sollen in Berlin aufeinanderprallen. Als eine Einladung ans Publikum, das eigene Denken zu überdenken.

"Ich werde in Wien nur Maßgeschneidertes machen"

Ein besonderer Programmpunkt: Man kann Sie persönlich zu einem "Hausbesuch" einladen. Sie wollen offensichtlich sehr nahe an Ihr Publikum heran?
Ja, denn ich habe unglaublichen Respekt davor, was Zuschauer leisten: Früher von der Arbeit heimgehen, einen Babysitter engagieren ... damit sie ins Theater kommen. Die Menschen sind neugierig, aber unser Programm nicht immer ganz einfach. Also gehe ich gerne zu ihnen nach Hause und erzähle, was sie erwarten wird.

Sie zeigen in Berlin Theater, Performance, Tanz, Bildende Kunst, Film. . . Wird es in Wien ähnlich umfangreich?
Ich werde für Wien kein Prêt-à-porter-Programm machen, sondern Maßgeschneidertes. Es stimmt aber, dass sich zeitgenössische Kunst viel interdisziplinärer sieht; die Künstler sind in verschiedensten Disziplinen aktiv. Wien gilt als Hochburg des klassischen Sprechtheaters. Auch das mag ich sehr. Ich möchte beides parallel und, dass nicht mehr alles, was nicht "große Bühne" ist, als "alternativ" etikettiert wird.

Sie ziehen schon kommenden Jänner nach Wien?
Ich muss Wien doch kennenlernen. Die Menschen, ihre Mentalität, die Stärken und Schwächen. Nur, wenn ich meinen Bäcker kenne, weiß ich, wie eine Stadt lebt und atmet. (Sie lacht.)

Wie wird man hauptberuflich Festivalmacherin?
Das war ein "Unglück", ein Zufall. Ich hatte als Jugendliche keine Ahnung, was ich werden will, außer: Was mit Kunst. So begann ich Kunstgeschichte zu studieren – und landete irgendwie in der freien Theaterszene. Das war’s.