Leitl ist um Frieden bemüht
Von Michael Hammerl
1949 war für Christoph Leitl eine „Sternstunde“: Erstens wurde er in diesem Jahr geboren, zweitens schlossen sich zehn Staaten zum Europarat zusammen. Wie hat sich Europa seitdem entwickelt? Und wie kann es seinen Wohlstand künftig bewahren? Der ehemalige Präsident der österreichischen und europäischen Wirtschaftskammern sucht in „Europa und ich“ Antworten.
Beim Aufwachsen in der geteilten Stadt Linz – „In Linz herüben der Ami, in Urfahr drüben der Ruß – der Ritt über die Bruckn wird a harte Nuss!“ – erkannte Leitl erstmals, was die europäische Idee sei: „Der Gedanke von Frieden und Zusammenarbeit.“ Auch Leitls weitere Anekdoten sind europäisch geprägt: Etwa, als er 1970 im ORF als Publikumsgast seine Europa-Ansteckndadel vom Sakko nahm und empfahl, sie „einigen Politikern“ in den Allerwertesten zu stechen, damit sie Richtung Europa beweglicher werden. Der wohl beweglichen ÖVP trat er später wegen ihres weltoffenen und liberalen Denkens bei. Heute sieht Leitl bei der Volkspartei „einigen Verbesserungsbedarf“, vor allem bei der Europapolitik: „Sind wir noch die Verfechter des europäischen Einigungsprojekts?“
Leitl, der bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs als Putin-Kenner galt, streift auch dieses für ihn heikle Kapitel – und fordert das neutrale Österreich zu mehr Dialog auf: „Ich halte hartnäckig daran fest, alle nur erdenklichen Dimensionen des Dialogs auszuschöpfen, um zu einer friedlichen Lösung zu kommen.“ Auf übermäßige Selbstkritik verzichtet er.
Dafür präsentiert der Vielgereiste und Belesene eine Perspektive für Europa: Gerade in einer Welt, die zu zerfallen drohe, könne es „ein Angebot des neuen Miteinanders“ machen.