Kultur

Learning to Drive: Scheidung mit Führerschein

Eine Frau wird von ihrem Mann verlassen, natürlich wegen einer Jüngeren. Es kommt zu wilden Streitereien und wüsten Beschimpfungen – alles in einem Taxi.

Der Lenker – Ben Kingsley – hält sich dezent im Hintergrund. Er bringt die verheulte Frau nach Hause und liefert ihr am nächsten Tag auch noch ein Paket hinterher, das sie in seinem Auto liegen gelassen hat.

Und weil die Frau keinen eigenen Führerschein besitzt, weil natürlich immer der Ex-Gatte gefahren ist, beschließt sie, Fahrstunden zu nehmen. Bei Ben Kingsley.

Oscarpreisträger Kingsley ("Gandhi") spielt hier einen Sikh, trägt Turban und nennt sich Darwan. Darwan ist eigentlich von Beruf Universitätsprofessor (was sonst?), aber da er seine Kopfbedeckung nicht abnehmen möchte, bleibt er lieber Taxler und Fahrlehrer. Man sieht schon: Der Mann ist tiefreligiös und bescheiden.

Damit steht er in schönem Kontrast zu seiner neuen Schülerin Wendy: Diese zählt zur New Yorker Oberschicht, bewohnt ein luxuriöses Stadthaus und verdient jede Menge Geld mit Literaturkritiken (das waren noch Zeiten!). Im Moment allerdings sitzt sie leicht hysterisch neben Darwan auf dem Fahrersitz, kämpft mit ihrer Lebenskrise und dem Gaspedal.

Folklore

Eine Culture-Clash-Komödie. Man will den abgegriffenen Namen gar nicht mehr aussprechen.

Umso weniger, als sich im romantischen Komödchen von Regisseurin Isabel Coixet weniger die Kulturen als die Klischees treffen. Denn viel mehr als exotische Folklore tragen Darwan und seine spätere aus Indien importierte Ehefrau nicht zur Geschichte bei.

Dafür werden hinter dem Lenkrad bedeutende Lebensweisheiten ausgetauscht. Tiefsinnige Einsichten ("Wenn man Angst hat, passt man besser auf") bereichern jede Fahrstunde mit fernöstlicher Weisheit.

Patricia Clarkson als übersensibilisierte Stadtneurotikerin Wendy kann vom indischen Taxler eine Menge lernen – nicht zuletzt Autofahren. Ihr und Kingsley verdankt sich schließlich auch ein schauspielerisch hohes und ansprechendes Niveau im ansonsten eher flachen Gefilde der Drehbuch- und Inszenierungsideen.

Auf einem einsamen Parkplatz in Queens beispielsweise erinnert sich Wendy gedankenschwer an ihren verlorenen Vater. Und siehe da, schon biegt der Papa ums Eck (nur in Wendys Fantasie, natürlich), nimmt rüstig auf dem Rücksitz Platz und hält eine lange Rede darüber, dass man zum Leben eigentlich nicht mehr braucht als – ein Auto.

Aber was soll’s. Frauen Mitte Fünfzig bekommt man ohnehin nicht übermäßig oft in Filmhauptrollen zu sehen (es sei denn, sie leiden an Alzheimer). So gesehen bietet die patente Patricia Clarkson zumindest eine ansehnliche Abwechslung im meist doch recht jugendlichen Fach der romantischen Komödie.

INFO: Learning to Drive. USA/GB 2014. 90 Min, Von Isabel Coixet. Mit Patricia Clarkson, Ben Kingsley, Sarita Choudhury.

KURIER-Wertung:

Sein Name ist Hunt, Ethan Hunt", ist man versucht zu sagen, denn angesichts des fünften Teils von "Mission: Impossible" ist zu bemerken, dass der Agent viel mit seinem britischen Amtskollegen James Bond gemeinsam hat. Etwa, dass die jeweiligen Darsteller, Tom Cruise und Daniel Craig, nicht gerade zu den Spitzenkräften der Darstellenden Kunst gehören. Um trotz ihres auch in Kampfszenen gleichbleibend lapidaren Mienenspiels Emotionen zu erzeugen, müssen also die Rollen rund um Hunt und Bond mit guten Schauspielern besetzt sein. Um es vorweg zu nehmen: bei "Mission: Impossible – Rogue Nation" ist das der Fall.

Farbloser Bundeskanzler

Skurriles Detail am Rande: Während der britische Premier im Film mit einem Schauspieler besetzt ist, der entfernt David Cameron ähnlich sieht, ist der Österreichische Bundeskanzler, der bei einem Opernbesuch von Attentätern gleich in mehrere Visiere genommen wird, so unscheinbar, dass man ihn gleich wieder vergisst und sein Darsteller gar nicht in der Besetzungsliste aufscheint. Vielleicht blieb Werner Faymann unter anderem auch deswegen am Donnerstagabend der Weltpremiere in der Staatsoper fern.

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Die Handlung des Films geht in den durchwegs spektakulären Actionszenen beinahe unter: Nachdem das Pentagon die "Impossible Missions Force" aufgelöst hat, macht sich Hunt allein auf die Spur eines gefährlichen "Syndikats", das mit gezielten Anschlägen durch Spezialagenten eine neue Weltordnung schaffen will.

Nachdem sein Alleingang scheitert, reaktiviert Hunt sein früheres Team: den Technikfreak Benji Dunn (Simon Pegg), Computer-Hacker Luther Stickell (Ving Rhames) und Agentenkollegen William Brandt (Jeremy Renner). Unerwartete Hilfe bekommt das Quartett von der ebenso attraktiven wie schlagkräftigen Agentin Ilsa Faust (Rebecca Ferguson).

Schurken

Der Titel nimmt übrigens auf eine "Rogue Nation" Bezug, was die Vermutung nahelegt, dass einer der in der Bush-Ära so ineffektiv bekämpften "Schurkenstaaten", oder gar der selbst ernannte "Islamische Staat" gemeint sein könnte. Obwohl unter anderem in Marokko spielend, vermeidet der Film, weiteres Öl in die Brandherde des Nahen Ostens zu gießen. Auch in dieser Hinsicht hat Hunt offenbar von Bond gelernt: Das Böse ist hier ein Einzeltäter, der nicht – wie in Zeiten des Kalten Krieges – für konkrete politische Konstellationen steht, sondern dem es um individuelle Macht- und Geldvermehrung geht.

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Höchst unglaubwürdig – um nicht zu sagen "impossible" – wirken die Sequenzen, in denen der immerhin schon 53-Jährige an der Außentür eines fliegenden Flugzeugs hängt, oder in denen er sich minutenlang ohne Sauerstoff durch die Kühlwasser-Anlage einer Wüstenfestung wirbeln lässt. Sehenswert ist das aber allemal und speziell fürs österreichische Premierenpublikum bot die Verfolgungsjagd auf Hinterbühne und Schnürboden der Wiener Staatsoper – noch dazu während einer "Turandot"-Aufführung – eine der aufregendsten Actionszenen der jüngeren Filmgeschichte.

(Gabriele Flossmann)

Tom Cruise im Porträt

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Noch so eine Culture-Clash-Komödie, die ihrem Namen keine Ehre macht – diesmal aus Deutschland. Aber Inder sind auch hier im Spiel: In "Marry Me! – Aber bitte auf Indisch", dem Debüt der deutsch-indischen Regisseurin Neelesha Barthel, tritt Tradition gegen Moderne in der plattestmöglichen Form gegeneinander an. Und natürlich muss auch wer heiraten: Um die gerade aus Indien eingereiste, konservative Oma bei Laune zu halten, will die junge Enkelin – im Herzen fest in Berlin-Kreuzberg beheimatet – ihren deutschen Ex-Freund heiraten. Nur zum Schein, versteht sich, und auf traditionell Indisch, damit sie ihr Haus behalten kann. Ein Elefant muss her – und ein neuer Koch. Ungelenke romantische Komödie, originalitätsarm und wenig witzig.

INFO: Marry Me! – Aber bitte auf Indisch. D 2015. 94 Min. Von Neelesha Barthel. Mit Maryam Zaree, Fahri Yardim.

KURIER-Wertung:

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Gerade will Gianni (Gianni Di Gregorio, Regisseur und Hauptdarsteller) in den wohlverdienten Ruhestand treten, da erhält er vom Chef eine alarmierende Nachricht: Nicht nur muss er drei Jahre länger als geplant arbeiten (Pensionsreform), sondern er wird auch noch an die römische Peripherie versetzt. Dort will man ihm das Leben schwer machen – doch Gianni setzt sich zur Wehr, lernt Nein sagen und geht tanzen. Nett und harmlos.

INFO: Buoni a nulla. I 2014. 87 Min. Von und mit Gianni Di Gregorio. Mit Marco Marzocca, Valentina Lodovini.

KURIER-Wertung:

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