Kultur

Lambchop Comeback mit Trauer und Streichern

Psycho-Sinatra" nennt Lambchop-Mastermind Kurt Wagner den Sound seines Freitag erscheinenden neuen Albums "Mr. M" . Nüchtern wie er ist, findet er im Telefonat mit dem KURIER eine simple Erklärung für den imposanten Begriff: "Es bedeutet, dass wir die Streicher in einer psychedelischen Art eingesetzt haben. Mein Produzent Mark Nevers fand es so interessant, wie sie bei Sinatra die Streicher in einer melodischen Gegenbewegung zur Melodie laufen ließen. Ich wollte einen schmucklosen Sound mit viel Raum für jedes Instrument. ,Mr. M‘ ist die Kombination daraus."

Die "Kombination" ist eine wunderschöne Fusion aus manchmal verträumten, manchmal melancholischen Melodien, entspannt und luftig, mit zarten Jazz- und Country-Einflüssen und durch Wagners brüchige Stimme und die oft schrägen Streicher niemals langweilig.

Thematisch bezieht sich Wagner nach dem sehr politischen letzten Lambchop- Album "OH (Ohio)" von 2008 jetzt auf sich selbst, schreibt über "Liebe und Verlust". Ausgelöst wurde das durch den Tod seines engen Freundes Vic Chesnutt Ende 2009.

Ermutigt

"Ohne Vic würde ich überhaupt nicht Musik machen", sagt Wagner. "Ich traf ihn, als ich nur zu Hause ein paar kleine Songs schrieb und mich noch nicht traute, sie jemandem vorzuspielen. Er ermutigte mich damals weiterzumachen und damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Seither habe ich mich bei jeder Album-Produktion permanent mit ihm ausgetauscht. Als das wegfiel, hat es eine ganze Weile gebraucht, bis ich mich daran gewöhnen konnte, ohne seine Begleitung Songs zu schreiben."

Wagner kehrte in der Zeit zu Pinsel und Leinwand zurück. Er hatte Malerei und Bildhauerei studiert, wollte an Colleges unterrichten, bekam aber keinen Job. Also legte der heute 53-Jährige auf Baustellen Holzböden aus, bevor ihn Chesnutt zur Musik brachte. Die Rückkehr zur bildenden Kunst wurde im Herbst vorigen Jahres mit einer Ausstellung in seiner Heimatstadt Nashville gekrönt, für die er eine eigene Technik entwickelt hat.

Plastisch

"Ich trage Ölfarbe mit einem Stift ähnlich einem Kugelschreiber punktweise auf die Leinwand auf", erklärt er. "Da sitze ich dann zwar ein, zwei Stunden für ein paar Zentimeter, aber ich mag, wie man durch die Dicke der Farbschicht und die Art des Auftrags Formen gestalten und plastisch erscheinen lassen kann."

Doch anders als andere Künstler fand Wagner weder in der Malerei noch in dem Schreiben der neuen Songs Trost in seiner Trauer. "Ich konnte nach Vics Tod lange Zeit gar nicht arbeiten. Für mich ging es eher darum, mir zu erlauben, dass das Leben weitergeht. Deshalb ist nicht der Tod das Hauptthema von ,Mr. M‘, sondern die Liebe. Denn das Gute an dem Verlust eines geliebten Menschen ist, dass man die Beziehungen, die man noch hat, erst dadurch richtig schätzen lernt."

Zur Person: Start als Bodenleger

Karriere: Kurt Wagner wurde 1958 in Nashville geboren, studierte Skulptur und Malerei, musste nach der Schule aber jahrelang auf dem Bau als Bodenleger arbeiten. 1993 gründete er Lambchop als loses Kollektiv von Musikern der Alternative-Szene von Nashville.

Nebenprojekte: Wagner arbeitet oft und gerne mit anderen Musiker zusammen. So hat er mit Cortney Tidwell das Country-Album "Kort" aufgenommen, ist aber auch solo unterwegs und will in Zukunft Filmsoundtracks schreiben.

INFO: Lambchop live: 27. 2. Wien/Konzerthaus, 28. 2. Linz/Posthof, 14. 3. Dornbirn/Spielboden, 15. 3. Innsbruck/ Treibhaus.

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