Laikka gehen im neuen Album von Euphorie zu Hoffnungslosigkeit
Wie „Leeches“ – wie Blutegel – sieht das Electro-Pop-Duo Laikka manche Männer in dem gleichnamigen Song des eben erschienen zweiten Albums „Bleach“.
„Den Ursprung hatte das Lied, als wir für das Parallel-Vienna-Festival mit der Künstlerin Carmen Schrenk zusammengearbeitet haben“, erzählt Sänger Moritz Wunderwald. „Sie hat in unserem Set drei Performance-Blöcke gezeigt, die ,Wasser’ hießen. Da hat sie als Metapher dafür, wie von Frauen verlangt wird, sich patriarchalen Strukturen zu beugen, Wasser getrunken, bis es nicht mehr ging. Da spielten auch die Themen weibliche Sexualität und Scham mit hinein, und diese Performance hat uns extrem beeindruckt. Aus dem heraus haben wir diesen Song geschrieben.“
Dafür legten Laikka eine ruhige Melodie über einen hochfrequenten, gehetzten Rhythmus. Das reflektiert auch Gesamtrichtung, die das Duo mit diesem zweiten Album einschlägt: „Die Songs sind schneller, roher und intensiver als beim Debüt“, erklärt Alex Gruehn. „Wir wollten mit diesem Album bis an die äußerste Grenze von dem gehen, was Pop sein kann. Wir haben viel experimentiert und viele verzerrte und kaputte Sounds verwendet, die man sonst im Pop nicht hört. Gleichzeitig haben wir die Songs auch fokussierter auf den Punkt gebracht.“
Die rasenden Beats sind dem Ende der Pandemie und somit dem Ende der Phase des zurückgezogenen Lebens geschuldet, in der das Debüt entstand.
„Jetzt geht es um die Euphorie danach und um Eskapismus. Es sind aber auch ein paar melancholische Songs dabei. Generell beschreiben alle, wie wir versuchen, mit dem Leben zurechtzukommen. Wir haben erst später gemerkt, dass das ein Handlungsbogen ist, der mit dem einhergeht, was in der Welt passiert ist: Die Freude über das Ende der Pandemie und die Möglichkeit, wieder auszugehen, was dann aber von dem heftigen Schock der russischen Invasion in der Ukraine unterbrochen wurde, wodurch sich eine latente Hoffnungslosigkeit in der Welt breitgemacht hat.“
Die Themen Männlichkeit und die möglichen Formen von Männlichkeit, die das Debütalbum bestimmt haben, beleuchten Laikka auf „Bleach“ nicht mehr aus der fragenden Perspektive, sondern aus einer der aktiven Selbstermächtigung.
„Es ist uns immer wichtig, den freien Selbstausdruck zu propagieren“, sagt Wunderwald. „Wir wollen zeigen: Ich brauche mir keine Angst machen, ich kann rausgehen, mich kleiden und geben wie ich will, und das ist gut so.“
Auch das Thema patriarchale Strukturen kommt nicht nur in „Leeches“ vor. Denn im Musikbusiness, sagen die beiden, sehe man das überdeutlich: „Dazu braucht man sich nur das Line-up vom Frequency-Festival anzuschauen: Jedes Jahr gibt es da die Kritik, dass kaum Frauen auf der Bühne stehen. Wir haben so tolle Musikerinnen, es gibt genug. Und trotzdem treten heuer wieder zu 90 % Bands auf, in denen nur Männer spielen.“