Kultur

Kruder & Dorfmeister sollten in keiner Zahnarzt-Praxis fehlen

Kruder & Dorfmeister. Das ist jenes Duo, das 1993 mit seinem zart verhuschten Downbeat Wien wieder auf die internationale Musiklandkarte brachte – sieben Jahre nach Falcos „Rock Me Amadeus“ hörte endlich wieder die halbe Welt Musik „Made in Austria“. Dass Peter Kruder und Richard Dorfmeister dafür erst zehn Jahre später, also 2003, mit dem „Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien“ ausgezeichnet wurden, ist (im Nachhinein betrachtet) ein Skandal, aber in Wien passiert bekanntlich so einiges ein paar Jahre später.

Zurück zum Anfang: Damals, in den 90er-Jahren, war Wien noch fürchterlich grau, herrlich grindig und es gab viel Platz für wenig Geld. So etwas fördert die Kreativität – und die Clubkultur, den Underground, wo hauptsächlich Techno gespielt wurde.

Auch in der Hitparade ging es hart zur Sache – es dominierten Eurodance-Kracher wie „Rhythm Is A Dancer“ (Snap) und „Mr. Vain“ (Culture Beat). Genau in dieser Phase veröffentlichten K&D ihre erste EP „G-Stoned“ – vier Tracks als Gegenentwurf zu den ganzen Böller-Beats.

Nur wenige Jahre später durften die Tonträger der beiden Musiker in keiner gut selektierten Plattensammlung fehlen. Auf die Spotify-Generation umgemünzt heißt das: Die Arbeiten von Kruder und Dorfmeister waren Ende der Neunziger und Anfang der Nullerjahre bei jeder WG-Party Fixstarter auf der Playlist. Vor allem bei der Aufwärmphase, vor dem ersten Schnaps, hatte die Musik eine unterhaltungsfördernde Wirkung. Dazu konnte man sich gut unterhalten. Für die Primetime war diese sanfte Beat-Geplätscher natürlich nicht zu gebrauchen. Denn die mit Beserlschlagzeug, Klavier, Flöten (!), Kontrabass und im Chill-out-Modus daherkommenden Tracks gehen nicht über die 110 Beats per Minute hinaus. Das ist eher etwas für den Seidenpyjama als fürs Discohoserl, bestes Schmiermittel für das mürbe Kipferl beim Sonntag-Brunch – Entspannungsmusik, die in keiner Zahnarzt-Praxis fehlen sollte.

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Die Musik der beiden war und ist aber viel mehr als nur der „Carpe Diem“-Soundtrack zum gepflegten Abhängen, in ihr steckt unglaublich viel Liebe zum Detail. Nach dem Welterfolg von „G-Stoned“ ließen K&D kein konventionelles Album folgen, sondern lieferten ein enorm erfolgreiches Mixtape („The K&D Sessions“, 1998), fertigten Remixe für Madonna und Depeche Mode und absolvierten gut bezahlte DJ-Jobs rund um den Globus – vom Schlafzimmerstudio in der Wiener Grundsteingasse rauf auf die großen Pop-Bühnen dieser Welt. 26 Jahre nach der Veröffentlichung der „Sessions“ veröffentlichen K&D gemeinsam mit dem deutschen Label !K7 eine limitierte 25-Jahre-Jubiläums-Edition der damals auf vier Schallplatten aufgeteilten Remixe. In der Box (für circa 100 Euro) befinden sich sechs LPs und drei CDs mit neuen Versionen von alten Remixen, neu gestalteten Innenhüllen und ein 40-seitiges Booklet. Für Fans und jene, die es noch werden wollen, ist das ein tolles Weihnachtsgeschenk.

INFOS: Die neu abgemischte und mit unveröffentlichten Remixen ausgestattete "Kruder & Dorfmeister: The K&D Sessions"-Box können Sie in jedem gutsortierten Plattenladen kaufen oder online bestellen. Kruder & Dorfmeister spielen am 19. Juni 2025 mit Band im  im Wiener Konzerthaus.