Kultur

Kristen Stewart-Interview: Markenkleidung im Geisterhaus

"Ich hasse diesen Job", sagt Kristen Stewart in Olivier Assayas’ neuem Fashion-Geister-Film "Personal Shopper": "Ich bin Shopping-Assistentin und ich verbringe meinen Tag mit lauter Schwachsinn, der mich nicht interessiert."

Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ex-"Twilight"-Star Kristen Stewart spielt eine Amerikanerin in Paris, die für einen Superstar als "personal shopper" arbeitet und hochpreisige Kleider nach Hause trägt. Gleichzeitig besucht sie regelmäßig ein Haus, in dem ihr Zwillingsbruder verstorben ist und hofft, ein Zeichen von ihm aus dem Jenseits zu erhalten. Doch der Geist, den sie ruft, gibt unheimliche Signale.

Dass der französische Regisseur Olivier Assayas ("Carlos – Der Schakal") ausgerechnet eine raffinierte Mischung aus Geister-Film und Mode-Milieustudie nach Cannes tragen würde, kam überraschend. Doch "Personal Shopper" (Kinostart: Freitag) gewann mit seinem feinsinnigen Mix aus Arthouse-Horror und Psycho-Thriller den Preis für Beste Regie. Neben einer exzellenten Kristen Stewart am Rande des Nervenzusammenbruchs spielt Lars Eidinger überzeugend den anlassigen Freund ihrer Vorgesetzte.

Ein Gespräch mit Kristen Stewart über Panikattacken und die Macht der Kleidung.

KURIER: Haben Sie einen Personal Shopper, der Ihnen beim Kauf Ihres Outfits hilft?

Kristen Stewart: Nein, aber in Wahrheit ist es kein sehr gängiger Beruf, und die wenigsten Menschen haben "personal shopper". Beispielsweise sind all die teuren Kleidungsstücke, die Schauspielerinnen wie ich auf Pressekonferenzen oder beim Gang über den Roten Teppich tragen, geliehen. Ich habe eine Stylistin, mit der ich schon lange zusammen arbeite, aber niemanden, der für mich Kleider kauft.

Interessieren Sie sich für Modedesign?

Ja, ich liebe es! (strahlt). Es gibt Schauspieler, die interessieren sich nicht für Mode und engagieren Menschen, die ihnen helfen. Aber ich mag es, und ich geniere mich nicht dafür. Ich finde nicht, dass Interesse für Mode etwas mit Oberflächlichkeit zu tun hat, im Gegenteil. Mit der richtigen Kleidung auf dem Leib habe ich das Gefühl, eine wahrhaftige Version meiner selbst zu sein. Außerdem kann man mit Kleidern Geschichten erzählen. Meiner Ansicht nach merkt man sofort, ob sich jemand nur für Mode interessiert, um damit aufzufallen. Ich will nicht gut aussehen, damit mich alle anstarren, sondern damit ich mich wie ich selbst fühle. Kleidung kann einem dabei helfen.

Sie haben bereits einmal mit Olivier Assayas in "Die Wolken von Sils Maria" zusammen gearbeitet. Waren Sie überrascht, dass er Ihnen diesmal eine Rolle in einem Geisterfilm anbietet?

Ehrlich gesagt, habe ich beim Lesen des Drehbuchs zuerst gar nicht mitbekommen, dass es sich um einen Geisterfilm handelt. Maureen, die ich spiele, sucht ihren toten Bruder und ist dabei gänzlich angstlos. Sie will einfach nur Antworten finden – ob es ein Jenseits gibt und was uns dort erwartet. Insofern ist mir der Horroraspekt anfangs entgangen. Erst während der Dreharbeiten wurde mir klar, dass es stellenweise doch ziemlich gruselig wird.

Ihre Figur gerät während der Geistersuche in eine tiefe Krise...

...und das war für mich eigentlich der wirklich unheimliche Teil: Irgendwann wird Maureen klar, dass es fundamentale Lebensfragen gibt, zu denen wir keine Antworten finden – und das ist der Augenblick, in dem sie richtig aus der Bahn geworfen wird. Diese Beklemmungen übertragen sich auf den Körper und lähmen ihn. Während des Spielens habe ich mir oft gedacht: Oh Gott, ich bin so froh, dass es mir nicht so geht wie Maureen. Denn ich kenne dieses Gefühl gut, wenn sich die Angstzustände auf den Körper ausbreiten. Die einzige Möglichkeit anzukämpfen, ist beispielsweise laufen zu gehen oder sich sonstwie auszupowern, damit man aus dem eigenen Gehirn hinaus findet, in dem es ohnehin keine Antworten gibt.

Apropos Antworten: Sie haben über zwanzig Minuten lang nur Ihr iPhone als "Co-Star", weil Sie mit einem Unbekannten eine intensive, erotisch-bedrohliche SMS-Konversation führen. War das schwierig zu spielen?

Ich habe praktisch mit einer Version meiner Selbst gespielt, denn es ist unglaublich, was man in Text-Messages alles hinein interpretieren kann. Jedes Mal, wenn man eine SMS groß im Bild sieht, sollte es sich anfühlen wie eine Großaufnahme von mir selbst. Man soll die Spannung in meiner Hand fühlen. Jeder hat eine eigene Text-Stimme: Welche Buchstaben wir groß- oder klein schreiben, wo wir Abstände lassen – all das sagt eine Menge über uns aus. Es ist wie eine neue Sprache, und das ist sehr interessant.

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