Kultur

Kinderbücher zum Fürchten

Schauer mit Augenzwinkern: So darf man sich Benjamin Lacombes Zeichenstil vorstellen. Dazu passt sein Selbstporträt: Ein grau gezeichneter, schmaler junger Mann mit traurigen Augen und sechs Armen.

In Fleisch und Blut stimmt alles bis auf die sechs Arme. Benjamin Lacombe, 1982 in Paris geboren, ist Autor und Zeichner. Mit 19 brachte er seinen ersten Comic-Band heraus, sein erstes Jugendbuch "Cerise Griotte" wurde 2007 vom Time Magazin unter die zehn besten Jugendbücher des Jahres gereiht. Auf Deutsch sind vier seiner zwanzig Bücher bei Jacoby & Stuart erschienen.

Unter anderem Edgar Allan Poes "Unheimliche Geschichten" und Grimms "Schneewittchen", das nun den Bilderbuchpreis des Österreichischen Buchhandels erhielt. Die finsteren Themen dieser Bücher passen gut zu Lacombes düsterem Zeichenstil. Genau das Richtige für Kinder, wie er findet. Im August erscheint das mit Sébastien Perez verfasste "Elfen-Bestimmungsbuch".

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KURIER: Ihre Kinderbücher sind ziemlich düster.
Benjamin Lacombe: Ich habe den Eindruck, wir leben im puritanischsten Zeitalter, das es jemals gab. Wir glauben, dass man Kinder überbehüten muss, dass sie auf keinen Fall mit einer Geschichte in Kontakt kommen dürfen, die Abgründe hat, die Angst machen kann. Dabei kann man doch nur dadurch über das Leben lernen. Gewalt und Tod gehören zum Leben, das muss ein Buch auch zeigen. Aber mit unserer Tendenz, die Kinder zu überbehüten, verweigern wir ihnen die Waffen, die sie brauchen, um mit dem Leben zurechtzukommen.

Ich habe das Gefühl, Sie werden oft nach den dunklen Seiten Ihrer Bücher gefragt? Wahrscheinlich immer nur von Erwachsenen?
Ja, viele Eltern sagen: ,Oh, das wird meinem Kind Angst machen!" Es sind aber immer nur die Eltern, die Angst haben. Nie die Kinder! Ich glaube, wenn man erwachsen wird, verliert man einen Teil seiner selbst. Als ganz junger Mensch hat man eine geistige Offenheit, die man mit dem Erwachsenwerden verliert. Manche Türen schließen sich.

 

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Und Ihnen ist es gelungen, diese Türen offen zu lassen?
Durch meinen Beruf lebe ich von der realen Welt getrennt, ich arbeite in meinem Atelier in Paris, sehe nicht fern, fahre nie mit der Metro, ich lebe in meinem Universum. Die Tage gehen vorüber, und ich habe keine Ahnung von den Ereignissen da draußen (lacht) . Da lässt es sich leicht Kind bleiben. Und dazu kommt: Ich habe selber keine Kinder. Ich bin also noch immer das Kind meiner Eltern. Ein Kind.

Zu Ihrem neuen Buch: Es geht darin um Feen, Pflanzen und um Rasputin. Interessante Mischung. Glauben Sie an Feen?
Ich war nie ein Feen-Typ, das ist nicht meine Art von Literatur. Aber mein Co-Autor Sébastien Perez, der war immer ein Fan von so etwas, ich war ja anfangs skeptisch. Von ihm kommen die Feen, von mir der naturalistische Zugang. Wir wollten auch in einer komplett erfundenen Geschichte, dass die botanischen und historischen Daten stimmen. Das tun sie. Das können Sie überprüfen. Wir sind ja auch ein bisschen blöd, wir haben zwei Jahre damit verbracht, um den Kalender aus der Zeit Rasputins zu überprüfen. Wir wollen unbedingt, dass man was lernt aus unserem Buch (lacht) . Und jeder kann sich am Ende ausmalen, ob Feen existieren oder nicht.

Tun sie das?
Also für mich ... na hören Sie, das werd ich Ihnen doch nicht verraten!