Kultur

Julian le Play: Mit dem „Spitzbub“-Stein aus Mexiko zur Neufindung

Jänner 2021. Julian le Play ist mit seiner Schwester in einem Aussteigerressort in Mexiko auf Urlaub. Es gibt Yoga-Kurse, Veranstaltungen mit Schamanen und viele andere Aktivitäten, um Körper, Seele und Geist in Einklang zu bringen.

„Ich wollte das zuerst alles nicht mitmachen“, erzählt der 32-Jährige im Interview mit dem KURIER. „Doch dann hat es zehn Tage nur geregnet. Da war es am Strand nicht so toll und ich habe eine Kundalini-Yoga-Stunde mitgemacht, was eher eine emotionale Reise ist, in der man spürt, wo Blockaden sind. Das habe ich spannend gefunden und dadurch auch andere Stunden wie ,Ekstatischer Tanz’ mitgemacht. Am Schluss mussten wir ein Wort für das finden, was man sich von diesem Jahr wünscht, und es in einen Stein ritzen. Meines war Spitzbub, weil ich dachte, dass ich durch diese zehn Jahre im Musikbusiness viel zu abgebrüht geworden bin – fast schon zu resilient. Das wollte ich aufreißen.“

Alle Inhalte anzeigen

Das war eine der Initialzündungen für das Freitag erscheinende Album „Tabacco“, in dem sich Le Play im Sound roher und lebenslustiger zeigt, wieder mehr die Gitarren einsetzt, sich der Emotion des Moments hingibt, anstatt am perfekten Sound zu feilen, und generell die Kontrolliertheit ablegt, die er sich angeeignet hatte, als er mit 19 begann, in der Öffentlichkeit zu stehen.

Die zweite Initialzündung dafür war die Tournee, die er im April 2021 zum „Tandem“-Album spielen konnte, als es ein Lockdown-Fenster gerade zuließ. Mit all den „befreiten, im Moment lebenden Charakteren“ in seiner damals neuen Band hat der Wiener dabei auf den Putz gehaut und danach Lust auf mehr solcher spontanen Momente des Genießens des Lebens bekommen. Weshalb er sich im Sommer in Wiens Nachtleben stürzte.

Alle Inhalte anzeigen

Von diesen Erfahrungen, aber auch von einer neuen Liebe erzählen diese neuen Songs. Wobei der Titelsong „Tabacco“ postuliert, dass Liebe zu einer Sucht werden kann. „Das meine ich aber gar nicht negativ“, erklärt er. „Ja, ich will einen Menschen die ganze Zeit sehen und ja, ich bin deshalb nicht mehr in Kontrolle meiner Sinne, aber das ist okay, denn so ist Liebe nun einmal, wenn sie leidenschaftlich ist. Geschrieben habe ich den Song auf La Gomera, wo ich im Hippie-Ort Valle Gran Rey war. Ich hatte Gras geraucht und dachte, ich komme nicht ganz los von diesem Lebensstil, und gleichzeitig an das Hoch, das mir diese Liebe gibt.“

Weil viele der Songs zu später Stunde entstanden, nachdem Le Play mit Freunden in Wien unterwegs gewesen war, erwähnt er häufig seine Lieblingsplätze in der Stadt: Das Tanzcafé Jenseits, den McDonald’s am Schwedenplatz, den Eissalon Tichy, die Ernst-Fuchs-Villa und den Franziskaner Platz.

Alle Inhalte anzeigen

Auch das klare Bekenntnis zur Heimatstadt hängt mit der Befreiung von der eigenen Kontrolliertheit und der damit einhergehenden „gesunden Neufindung“ zusammen. „Früher wurde mir eingeredet, du bist kein Wiener Künstler, wenn du Hochdeutsch singst – verbunden mit dem Vorwurf, dass ich mich damit anbiedere. Deshalb habe ich Wien aus den Songs rausgehalten. Aber ich spreche genau so, wie ich singe, und habe jetzt das Gefühl, das passt schon so.“