Kultur

Hollywoods eleganter Brit-Prinz

Jude Law macht einfach immer beste Figur. Derzeit in Steven Soderberghs fetzigem Thriller „Side Effects“ (derzeit im Kino), wo er als smarter Seelenklempner ziemlich in die Bredouille gerät. Nachdem er einer labilen Patientin (Rooney Mara) das falsche Anti-Depressivum verschrieben hat, verwandelt sie sich in eine Messerstecherin. Daraufhin gerät seine Existenz – privat und professionell – in Gefahr.

Jenseits der Leinwand spielt Jude Law seine Lebensrolle als hübscher Brit-Prinz ebenfalls mit lässiger Eleganz. Sogar das Seidenstecktuch in seiner Jackettasche sieht gut aus und keineswegs spießig. Ein bestens gelauntes Gespräch über Depression, Sport und Hollywood.

KURIER: „Side Effects“ schlägt viele Haken. Wie erging es Ihnen beim Lesen des Drehbuchs?

Jude Law: Es ging mir wie dem Publikum: Ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen würde und war total überrascht. Danach griff ich zum Hörer, rief Steven Soderbergh an und fragte: „Wer bin ich nun eigentlich? Der Gute oder der Böse?“ Und er sagte darauf nur: „Genau.“

Sie spielen einen Psychiater. Gehören Sie zu den Schauspielern, die sich stark einarbeiten?
Ja, aber ich rede nicht gerne darüber. Ich finde, Schauspieler reden viel zu viel darüber, wie sie sich „einarbeiten“ (senkt dramatisch die Stimme): „Ich schnitt mir den Arm ab, zog für sechs Monate in den Dschungel und trank meinen eigenen Urin, um mich auf diese Rolle vorzubereiten ...“. Also ehrlich, wer, zum Geier, braucht das? Aber ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, wo wir nicht mal Kopfwehtabletten bekamen. Ich musste mich einarbeiten, sonst wäre das nichts geworden (lacht).

Sie haben keine Erfahrung mit Depressionen?
Nein, jedenfalls keine, wo ich professionelle Hilfe gebraucht hätte. Klar fühle ich mich manchmal deprimiert. Aber ich gehöre nicht zu den Leuten, die vor ihren Gefühlen zurückschrecken. Im Gegenteil, manchmal nehme ich meinen Beruf als Schauspieler oder Künstler (grinst bei Künstler) als Vorwand, um mich in meinen Gefühlen zu suhlen. Ich finde, das sollte jeder tun. Ich wurde dazu erzogen, dass die Tiefpunkte im Leben genau so dazugehören wie die Höhepunkte.

Und was machen Sie konkret, wenn Sie deprimiert sind?
Muhammad Ali hat einmal gesagt: Wenn man ein Knock-out erlebt, dann ist das, wie wenn man in einem dunklen Raum verschwinden würde. Dort hat man zwei Optionen: Entweder man gerät in Panik – dann steht man nie wieder auf. Oder man versucht sich zurechtzufinden, aufzustehen, die Türe zu ertasten. Ich finde, das ist ein gutes Bild. Aber ich rede hier nicht von klinischen Depressionen – das ist natürlich etwas ganz anderes. Was mir hilft – und ich weiß, das klingt jetzt langweilig – mir hilft immer Sport: Laufen oder Klettern, das fokussiert.

Wie empfinden Sie denn Ihre Rolle als Brite in Hollywood?
Ich habe mich immer sehr willkommen gefühlt, bin aber nie nach Hollywood gezogen. Mein Zuhause ist London. Als ich in meinen 30ern war, hielten mich viele für einen Amerikaner. In letzter Zeit bin ich wieder mehr der Brite im Kino.
Soderbergh wollte auch, dass ich einen britischen Psychiater spiele, denn in England ist ja Psychiatrie viel verborgener als etwa in New York. Dort gehört es ja schon fast zum Klischee, dass jeder seinen eigenen Psychiater hat und über die neuesten Anti-Depressiva am Markt redet.
Insofern erzählt es sehr viel über einen britischen Psychiater und seinen Ehrgeiz, wenn er unbedingt in Manhattan Karriere machen will.

Wie finden Sie es, als ewiges Sex-Symbol gehandelt zu werden?
Ich liebe es. (lacht) Nein, ehrlich, das werde ich seit 20 Jahren gefragt und habe noch immer keine schlaue Antwort darauf. In meinem Privatleben erzählt mir niemand, dass er mich für ein Sexsymbol hält, und schon gar nicht meine Kinder. Und professionell – als ich jünger war, wollte ich immer beweisen, dass ich ein ernsthafter Schauspieler bin. Ich hoffe, das habe ich bewiesen.

Andererseits, wenn man älter wird (Law ist 40, Anm.), wenn einem langsam Haare ausgehen und man ein bisschen Gewicht zusetzt – und wenn dann Leute immer noch sagen, du bist ein Sexsymbol – dann kann man sich nicht beschweren. Da kann man nur sagen: „Danke!“

Spätestens seitdem Rooney Mara die Lisbeth Salander in der US-Verfilmung von Stieg Larssons „Verblendung“ spielte, ist die zarte Schauspielerin einem größeren Publikum bekannt. In Steven Soderberghs Thriller „Side Effects“ – übrigens seinem letzten Kinofilm, wie der Regisseur angekündigt hat – ist sie überzeugend depressiv. Dabei sollte es ihr eigentlich gut gehen: Gerade wurde ihr geliebter Ehemann (Channing Tatum) aus dem Gefängnis entlassen. Trotzdem sucht die Ehefrau Hilfe beim Psychiater (Jude Law).

Beim Interview wirkt die 28-jährige Mara ein bisschen so, als wäre sie gerade aus dem Tiefschlaf erwacht. Eine starke Meinung hat die Veganerin allerdings zum leichtfertigen Umgang mit Pillen: „Unsere Gesellschaft sucht immer nach den einfachen Lösungen“, sagt die Schauspielerin, die sich für Charity-Projekte in Kenia engagiert: „Ich habe das Gefühl, dass sehr viele Menschen zu schnell zu viele Medikamente nehmen, um ihr Leben zu verbessern. Aber natürlich gibt es auch genug Leute, die darauf angewiesen sind.“

Persönlich vermeidet sie jede Form von Medikamenten. Als Kind habe sie andauernd Antibiotika schlucken müssen und habe seitdem ein schwaches Immunsystem.

Ob es eine Fortsetzung für Lisbeth Salander geben werde? „Das weiß ich nicht, aber ich hoffe es.“