Kultur

Kampf gegen Herrn Oberhauser

In "Skyfall" erlebte Daniel Craig als James Bond seinen persönlichen Tiefpunkt und das Bond-Franchise seinen absoluten Höhepunkt. Die Kritiken waren sensationell, die Einspielergebnisse fulminant. Die Latte für "Spectre" liegt hoch – und wird nicht ganz erreicht.

Nicht, dass es am Einstieg liegen würde: Regisseur Sam Mendes wollte sich in seiner Eröffnungsszene sichtlich selbst übertreffen. "Die Toten sind lebendig" heißt es gleich zu Beginn in Mexiko City, wo das Volksfest "Tag der Toten" gefeiert wird. Eine spektakulär lange Kamerafahrt, die einem Orson Welles Ehre gemacht hätte, folgt James Bond – passend zu Halloween im Skelett-Kostüm – quer durch den Karneval und mündet in einer Verfolgungsjagd. Gebäude stürzen ein, Hubschrauber greifen an – Atemlosigkeit bereits nach den ersten zehn Minuten.

Zurück in London bekommt James Bond Hausarrest – was ihn nicht davon abhält, die coolsten Gadgets aus der Bastelstube von Q "auszuborgen" und in Rom einer Witwe nachzustellen. Der Auftritt von Monica Bellucci besteht darin, dass sie sich von Bond aus dem Kleid helfen lässt – viel mehr nicht. Den größeren Frauenpart übernimmt die deutlich jüngere Léa Seydoux als Bond-Girl Madeleine Swann.

Schleudersitz

Für Connaisseure des Genres finden sich viele "Best of Bond"-Verweise – von glänzenden Vintage-Autos mit Schleudersitz bis hin zur weißen Katze. Auch für fulminante Schneeballschlachten in den österreichischen Alpen ist gesorgt (siehe Info) sowie rasanten Verfolgungsjagden zwischen Auto und Flugzeug.

Und Christoph Waltz als Bond-Bösewicht?

Hat einen überraschend kleinen Part. Sein erster Auftritt im Gegenlicht erinnert ein wenig an die Zeremonien-Szene in Stanley Kubricks "Eyes Wide Shut" – allerdings ohne nackte Frauen. Er sagt "Cuckoo" zu Bond und verschwindet dann wieder für eine gute Stunde.

Die emotionale Wucht, die "Skyfall" zu dramatischem Schwergewicht verhalf, fehlt in "Spectre" und wird durch einen etwas halbherzigen Post-Freudianischen Fingerzeig ersetzt. Warum Waltz als Franz Oberhauser gegen Bond einen archaischen Hass hegt ("Ich bin der Autor all deiner Schmerzen"), bleibt ein wenig schemenhaft. Waltz ist gut, keine Frage, bekommt aber nicht genug Platz, um zu maliziöser Höchstleistung aufzufahren.Während 148 Minuten, dem bisher längsten Bond, setzt in der zweiten Hälfte trotz glanzvoller Action freudlose Erschöpfung ein. Und selbst Daniel Craig, perfekt als Bond, könnte einen Anflug von Humor vertragen.