Independence Day 2: "Die Aliens sind eine Nummer härter"
Von Marco Weise
In den USA feierte der zweite Teil von "Independence Day" bereits Premiere. Hierzulande muss man sich noch bis Mitte Juli gedulden, um die Nachfolge des großen Kinohits des deutschen Regisseurs Roland Emmerich sehen zu können. 20 Jahre ist es mittlerweile her, dass der Science-Fiction-Blockbuster über den Angriff Außerirdischer über 800 Millionen US-Dollar einspielte.
Für die Fortsetzung des Klassikers hat Emmerich das in Wien ansässige Unternehmen Wideshot beauftragt, das Design der Raumschiffe und der irdischen sowie außerirdischen Schauplätze im Film zu entwerfen. Der KURIER hat den Chef-Designer Johannes Mücke zum Interview getroffen.
KURIER: Wie kam es zum Kontakt mit Roland Emmerich?
Johannes Mücke: Ein Freund von mir hat mich gefragt, ob ich einen Trickfilm für seinen Bruder machen kann. Da ich zu dieser Zeit bereits Videospiele designt, mit 3-D-Animationen gearbeitet habe, sagte ich zu. Dann stellte sich heraus, dass es sich bei dem Bruder meines Freundes um den Filmmusikkomponisten und Produzenten Harald Kloser handelt, der seit "The Day After Tomorrow" mit Roland Emmerich zusammenarbeitet. Harald Kloser ist einer unserer größten Hollywood-Exporte. Er war dann mit meiner Arbeit zufrieden, und so bin ich immer weiter in das Business reingerutscht. Und dann kam "Independence Day 2".
Was war dabei Ihre Aufgabe?
Roland Emmerich brauchte für das Kernelement, ein Raumschiff namens "Moon Tug", noch Input und fragte mich, ob ich mich darum kümmern kann. Ich habe mein erstes Design für den "Moon Tug" in Los Angeles weiterentwickelt und bekam dann auch den Zuschlag mit meiner Firma Wideshot. Wir haben so gut wie alle Raumschiffe, die man im zweiten Teil von "Independence Day" sieht, mitentworfen. Auch Set-Designs wurden von uns geplant, die danach im Studio in Albuquerque umgesetzt wurden.
Wie kann man sich die Arbeit für so eine große Filmproduktion vorstellen?
Mit Roland Emmerich kommuniziere ich am schnellsten über Bleistiftskizzen. Intern sieht unser Workflow anders aus, da gehen wir sofort in 3-D-Produktion. Man kann sich das in etwa wie einen virtuellen klumpen Ton vorstellen, den wir mit Computerprogrammen bearbeiten. Das hilft einem die räumliche Wirkung abzuschätzen – und man sieht schnell, ob die Kameraeinstellungen im Film funktionieren können.
Was ist das Spezielle an diesem "Moon Tug"?
Ich nenne es liebevoll Weltraum-Gabelstapler. Es ist unbewaffnet, eine Art Nutzfahrzeug für den Weltraum, das am Mond Aufbauarbeiten verrichtet. Es dient aber auch den Helden des Films, z. B. Liam Hemsworth, Jeff Goldblum und Charlotte Gainsbourg, als Transportmittel zurück zur Erde, die zu diesem Zeitpunkt gerade vom Alien-Mutterschiff angegriffen wird.
Nimmt das aktuelle Design Bezug auf den ersten Teil?
Ja, sehr stark. Beim Entwurf der Raumschiffe war die Verwandtschaft zu den Schiffen aus dem ersten Film das Grundprinzip – der Wiedererkennungseffekt ist ein wesentliches Design-Merkmal. Die Aliens sehen sehr ähnlich aus wie damals, dazwischen liegen aber 20 Jahre. In dieser Zeit haben sich die Aliens weiterentwickelt, sind noch um eine Nummer härter.
Und wie sieht es mit der Welt aus, die im ersten Teil gehörig zerstört wurde?
Viele Städte dieser Welt sind im ersten Teil fast gänzlich zerstört worden. In den letzten 20 Jahren wurden sie aber wiederaufgebaut – größer, monumentaler als zuvor. Das Capitol, das im ersten Teil zerstört wurde, wurde vier Mal so groß wiederaufgebaut. Und das Pentagon hat sich in seiner Größe verdreifacht.
Wie kann man sich das Studio in Albuquerque vorstellen?
Das gesamte Studioareal in der Wüste von Albuquerque ist bombastisch. Es gibt riesige Hallen, in denen die Filmkulissen aufgebaut werden können. Aufgrund dessen, dass dort seit einiger Zeit viele Filme umgesetzt werden, hat sich rund um Albuquerque eine gewaltige Filmindustrie aufgebaut – Handwerker, Werkstätten, Zulieferfirmen jeglicher Art.
Welche Künstler, Designer oder Filme haben Sie beeinflusst?
Syd Mead, der "Blade Runner" mitentworfen hat. Es ist unglaublich, wie die Visionen von diesem Mann, die er vor 50 Jahren hatte, heute noch immer an der Spitze des Designs stehen. Dann noch "Alien" von Ridley Scott oder "District Nine" und "Elysium" von Neill Blomkamp, die mich optisch und inhaltlich sehr ansprechen. Aber auch Maler wie Ilija Repin oder Lovis Corinth inspirieren meine Arbeit. Mich interessiert immer das Narrative und das Emotionale hinter diesen Bildern.
Wenn man als Zuschauer mit dem Design keine emotionale Bindung aufbauen kann, ist es schlecht. Jedes Design muss ein Gefühl auslösen – auch wenn es noch so subtil ist. Das "Moon Tug" schaut deshalb genauso aus. Es ist zwar das hässliche Entlein, aber gerade deswegen soll man es gerne haben.
Denkt man da auch bewusst Schwachstellen mit?
Im Film hat man oft nur wenige Bilder, um eine Idee zu vermitteln: Das, was man sieht, muss man verstehen. Wenn es zu komplex wird, muss man es dem Zuseher erklären, und die Zeit bleibt oft nicht. Denn man will den Zuseher nicht mit vielen offenen Fragen à la "Warum hat das Raumschiff so komische Dinger da unten?" aus dem Kinosaal schicken. Design darf keine Fragen aufwerfen – außer sie sind vom Regisseur beabsichtigt.
Wird es einen dritten Teil geben?
Das Ende lässt Raum für eine Fortsetzung. Man wird sehen, wie sich Roland Emmerich und 20th Century Fox entscheiden.