Kultur

Happy End der Liebe aus purer Erschöpfung

Anhand dieser Inszenierung lässt sich seht gut die momentane Sowohl-als-auch-Strategie des Theaters in der Josefstadt diskutieren: Einerseits will man das Publikum fordern, den Spielplan modernisieren, aus der Schusslinie der Kritiker kommen, die bei Josefstadt-Inszenierungen so gerne „Schnarchtheater“ diagnostizieren.

Andererseits will man die Alt-Josefstädter nicht vergraulen, die im Theater vor allem Ablenkung vom Alltag suchen. Und die Gefahr, diese Kunden zu verschrecken, ist groß, die Schreck-Schwelle liegt niedrig. Schon jetzt hört man immer öfter Abonnenten murren, der Spielplan sei „zu progressiv“.

Zweigeteilt

Also lässt die Josefstadt Eduardo De Filippos Tragikomödie „Hochzeit auf Italienisch“ eine Stunde lang als Sommerkomödie mit erhöhtem Schenkelklopf-Faktor spielen, voller liebevoll zitierter Italien-Klischees: Die abgelegte Ex-Geliebte erschwindelt sich durch eine vorgetäuschte Todeskrankheit doch noch die Ehe mit dem reichen Schwerenöter, ach, wie charmant, wie kurzweilig, wie italienisch!

Und nach der Pause kommt dann die Tragödie inklusive forcierter Sozialkritik: Die Protagonistin stammt aus ärmlichsten Verhältnissen, wurde als Kind vom Vater missbraucht, musste sich prostituieren, um zu überleben, musste ihre Kinder weggeben, finanzierte aber dennoch deren Erziehung mittels Betrug am ahnungslosen Dauergeliebten.

Dass die beiden Hauptfiguren am Ende zusammenfinden, ist weniger dem „Sieg der Liebe“ geschuldet, als der puren Erschöpfung: Zuerst gehen sie einander tatsächlich in Tötungsabsicht an die Gurgel, bevor sie einander kraftlos in die Arme sinken.

Die gute Nachricht ist: Sowohl Komödie als auch Tragödie gehen sich gut aus, weil Regisseur Thomas Birkmeir – derzeit Leiter des Theaters der Jugend, als ein Kandidat für das Volkstheater im Gespräch – mit gutem Gefühl für Rhythmus und Melodie inszenierte. Dennoch wirkt diese strikte Trennung in zwei Hälften ein wenig seltsam: Das Spannende an diesem Stoff ist doch, dass Komik und Tragik einander durchdringen. Ja, diese Geschichte ist sehr, sehr witzig. Aber im Kern geht es hier um eine missbrauchte Frau, der das Leben in Gestalt ihres Geliebten (und Kunden) übel mitgespielt hat. Dieser – der reiche Fabrikant Domenico – ist in Wahrheit ein mieser Kerl, gewissenlos, feig, verlogen, der Frauen nur als sexuelle Dienstleisterinnen oder als Haushaltshilfen wahrnimmt.

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Charme

Hausherr Herbert Föttinger – dessen Darstellung eine einzige Hommage an Marcello Mastroianni ist, der in Vittorio De Sicas Film den Domenico spielte – stattet diese Figur mit gefährlich viel Charme aus, hat aber auch genug Abgründigkeit zu bieten, um sie nicht zu verharmlosen. Seine Ehefrau Sandra Cervik ist als Ex-Prostituierte Filumena Marturano (also in Sofia Lorens Rolle) stellenweise bedrückend gut. Die anderen Darsteller – Marianne Nentwich, Siegfried Walther, Sylvia Eisenburger, Hilde Dalik, Eva Mayer oder Gideon Singer – fallen nicht sonderlich auf.

Großartig ist das Bühnenbild von Christoph Schubinger: Sich verschiebende Wände ermöglichen tatsächlich filmartige Schnitte und glaubhafte Zeitsprünge.

Fazit: Ein etwas merkwürdiger, aber interessanter Abend in der Sowohl-als-auch-Falle.

KURIER-Wertung: