Kultur

Alles lässt sich ertragen, nur nicht das Gelächter der anderen

Mit einem hoch interessanten Blick ins Theatermuseum begann Donnerstag Abend im republic das heurige Young Directors Project bei den Salzburger Festspielen (es ist das letzte, denn der Sponsor Montblanc zieht sich zurück): Der schon vom Volkstheater bekannte serbische Regisseur Miloš Lolić inszenierte das vergessene Stück "Hinkemann" von Ernst Toller.

Toller ist heute am ehesten bekannt für seinen Roman "Eine Jugend in Deutschland", Geschichte-Studenten kennen ihn als Revolutionär: Er war 1919 sechs Tage lang Präsident der Münchner Räterepublik und saß anschließend fünf Jahre in Festungshaft. Im Ersten Weltkrieg war Toller wegen Tapferkeit ausgezeichnet worden, bevor er einen körperlichen und geistigen Zusammenbruch erlitt.

In dem Stück "Hinkemann", das er in der Haft schrieb, verarbeitete er seine Kriegserlebnisse. "Hinkemann" ist ein Heimkehrer-Drama (ähnlich wie Wolfgang Borcherts "Draußen vor der Tür" 25 Jahre später), geht aber von einer besonders absurden, grausamen Annahme aus: Hinkemann wirkt äußerlich unversehrt, erlitt aber eine zunächst unsichtbare Kriegsverletzung, die ihn zur lächerlichen Figur macht, ja sogar zum "Ding": Er verlor seine Genitalien.

Das Stück zeigt, ein wenig ans antike Drama angelehnt, wie Hinkemann zum schuldlos Ausgestoßenen wird. Entscheidendes Motiv ist hier das Lachen: Hinkemann kann alles ertragen, nur nicht das höhnische Gelächter der Anderen. Hinkemanns Frau lässt sich von einem anderen verführen, bleibt ihrem Mann aber in der Liebe treu. Am Ende nehmen sich beide das Leben.

Toller wechselt in dem Stück in rasendem Tempo die Stile, private und politische Themen werden durchgenommen, es gibt groteske Revue-Szenen und hoch plakative Monologe. Der expressionistische Sprachduktus wirkt heute merkwürdig, das Thema bleibt packend.

Lolić und seine Schauspieler – allen voran Jonas Anders als Hinkemann und Katharina Schmidt als dessen Frau – widmen sich mit Hingabe und Verve einem aus der Zeit gefallenen Stück. Anerkennender Applaus.

KURIER-Wertung: