Herbert Föttingers Welt ist zwar eine Scheibe, aber sie dreht sich
Von Thomas Trenkler
Herbert Föttinger, seit einem Jahrzehnt erfolgreicher Sanierer des Theaters an der Josefstadt, neigt dazu, seine Pressekonferenzen zu inszenieren. Wie kürzlich Karin Bergmann, die Kollegin vom Burgtheater, wählte er als Ort eine Bühne – und zwar die neue Probebühne, errichtet auf der grünen Wiese von Aspern. Sie simuliert die Gegebenheiten in der Josefstadt – und verfügt, wie Föttinger stolz vorführen ließ, über eine Drehbühne. Derzeit nur eine Vision: Hier, in der kulturellen Wüste, Theater vor Publikum zu spielen.
Kritik am Kapitalismus
Föttinger gab sich in der Rolle des Direktors kämpferisch. In Großbuchstaben ließ er auf der Wand hinter sich Parolen affichieren: "Die Josefstadt proklamiert: Theater ist für alle da. Auch für Andersgläubige." Und: "Die Josefstadt meint: Der Glaube kann ruhig groß sein. Wenn es die Vernunft auch ist."
Um die Gretchenfrage geht es allerdings nicht wirklich in der nächsten Saison: Als Klammer wählte Föttinger die Kritik an Kapitalismus und Profitgier. Eröffnet wird die Spielzeit am 3. September mit Gerhard Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang" in der Regie von Janusz Kica, als letzte Premiere der Spielzeit inszeniert Torsten Fischer "Die kleinen Füchse" von Lillian Hellman (14. April).
Dazwischen gibt es August Strindbergs "Fräulein Julie" (8. Oktober, Regie: Anna Bergmann), "Der Gockel" von Georges Feydeau in der Übersetzung von Elfriede Jelinek (19. November, Regie: Josef E. Köpplinger) und eine vom Direktor mit Peter Turrini erstellte Kompilation der "Anatol"-Episoden Arthur Schnitzlers (17. Dezember, mit Helmuth Lohner und doch nicht Peter Weck, sondern Peter Matić). Zur Uraufführung gelangen "Totes Gebirge" von Thomas Arzt (21. Jänner 2016) und die Dramatisierung von Thomas Bernhards Roman "Auslöschung" in der Regie Oliver Reeses (25. Februar).
Käfig voller Narren
In den Kammerspielen wird "La Cage aux Folles" von den 1970er-Jahren in die Gegenwart verlegt (mit Michael Dangl und dem Herrn Direktor als schwules Paar), es folgen "Der nackte Wahnsinn", eine Billie-Holiday-Hommage mit dem Titel "Blue Moon", die Bühnenfassung der süßen Liebesgeschichte "Das Lächeln der Frauen" und das Alzheimer-Stück "Vater" des französischen Autors Florian Zeller mit Erwin Steinhauer und Gerti Drassl.
Keine Kunst ohne Geld
Die laufende Saison lässt ruhig schlafen (die Auslastung liegt bei 85 Prozent in der Josefstadt, bei 92 Prozent in den Kammerspielen, der Eigendeckungsgrad bei 40 Prozent). Aber um weiterhin ausgeglichen bilanzieren zu können, brauche es, so Geschäftsführer Alexander Götz, mehr Geld. Daher werden die Kartenpreise angehoben – im Durchschnitt um die zehn Prozent (zum Beispiel von 67 auf 74 Euro bei Premieren). Zudem hofft man auf eine nennenswerte Erhöhung der Subventionen. Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) sagte 250.000 Euro mehr zu, falls die Stadt Wien mitzieht. Doch Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny ziert sich.