Chronik/Geschichten mit Geschichte

Jacqueline Kennedy fand auch als Jackie O. kein Glück

Die ersten drei Jahrzehnte ihres Lebens schienen ein einziger Traum zu sein. Ein schönes Mädchen aus reichem Haus heiratet einen der begehrtesten Junggesellen der USA, bringt zwei entzückende Kinder zur Welt, ehe sie der politische Aufstieg ihres Mannes ins Weiße Haus führt. Besser hätte es das Schicksal mit Jacqueline Kennedy nicht meinen können. Doch dann wird das Glück von unvorstellbarem Leid eingeholt: Ihr Mann wird ermordet. Und Ehe Nr. 2 ist alles andere als glücklich. Schließlich erkrankt sie an Krebs und stirbt mit 64 Jahren. Das ist jetzt 25 Jahre her.

Das Attentat

Ihr ist wirklich nichts erspart geblieben. Jacqueline Kennedy hat drei Kinder verloren und über Jahre in dem Wissen gelebt, dass ihr Mann John F. Kennedy ein notorischer Fremdgänger war. Zuletzt musste sie noch mit ansehen, wie er, im Auto neben ihr sitzend, erschossen wurde.

„Jackie“ Kennedy repräsentierte als Frau des 35. US-Präsidenten einen neuen Typus Politikerfrau. Nie zuvor gab es eine so strahlende First Lady. Ihre unaufdringliche Noblesse begeisterte die Menschen, und es dauerte nicht lange, bis sie ein Idol wurde. Ihr Mann wusste, wie wichtig Jackies Charisma für ihn war. Als sie zu einem Staatsbesuch in Frankreich eintrafen, sagte er zu Präsident de Gaulle: „Ich darf mich als der Mann vorstellen, der Jacqueline Kennedy nach Paris begleitet.“

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Doch Jacqueline Kennedy machte gute Miene zum bösen Spiel. Denn sie wusste über die außerehelichen Liebschaften ihres Mannes Bescheid, von den zahllosen Schauspielerinnen und Sekretärinnen, mit denen er sich vergnügte, ebenso wie von den Prostituierten, die er ins Weiße Haus bringen ließ. Jackie lebte ihr Leben an der Seite des unverbesserlichen Schürzenjägers, mit dem sie Amerikas erstes Königspaar mimte, das auch zum ersten Mal kleine Kinder ins Weiße Haus brachte. Die Öffentlichkeit wusste nichts von seinen Affären, die er mithilfe der CIA verheimlichen konnte.

Mit anderen teilen

Drei Monate nachdem die Schüsse vom 22. November 1963 in Dallas gefallen waren, sprach Jackie Kennedy in sieben mehrstündigen Interviews mit Arthur Schlesinger, einem engen Berater ihres Mannes, über ihre Zeit im Weißen Haus. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass sie sich JFK mit anderen werde teilen müssen – allerdings dachte sie dabei nicht an die Monroe, an Jayne Mansfield und andere Hollywoodschönen: „Wie er seine Familie liebte, so liebte er auch seine engsten Mitarbeiter, seine Umgebung“, meinte Jacqueline. „Er liebte uns alle. Und, wissen Sie, ich bin nicht eifersüchtig. Sein Leben bestand aus verschiedenen Bereichen. Wir alle liebten einander.“ Jackie bleibt in den Tonbandaufnahmen, die erst sieben Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht wurden, so diskret wie sie es ihr ganzes Leben lang war.

Das Kennenlernen

Am 28. Juli 1929 als Jacqueline Bouvier als Tochter eines wohlhabenden Bankiers auf Long Island zur Welt gekommen, hatte sie im Mai 1952 als Journalistin die Aufgabe, für den Washington Times-Herald den 35-jährigen Abgeordneten John F. Kennedy zu interviewen. Der Job wurde ihr zum Schicksal, denn Kennedy, der sich schon auf dem Weg nach oben befand, erkannte, dass diese kluge, gut aussehende und elegante Frau eine perfekte First Lady wäre. Sie heirateten am 12. September 1953 im Bundesstaat Massachusetts, der Heimat des mächtigen Kennedy-Clans.

Doch Jackies Leben war bald von Schicksalsschlägen überschattet: 1955 und 1956 hatte sie Fehlgeburten, als dann 1963 auch noch Sohn Patrick nach nur zwei Tagen starb, saßen die Kennedys bereits im Weißen Haus. Sie ließ sich von ihrem Leid nichts anmerken, strahlte in jede Kamera, die man ihr entgegenhielt, gab glanzvolle Empfänge. Den Kennedys war eine Präsidentschaft von nur 1036 Tagen gegeben, doch Jackie wurde in dieser kurzen Zeitspanne mit ihren Kleidern, Mänteln, Hüten, Frisuren und Sonnenbrillen zur Ikone einer jungen Mode, die von Millionen Frauen in aller Welt kopiert wurde.

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Hochzeit mit Onassis

Was die Schüsse von Dallas in der 34-jährigen Frau auslösten, ist kaum vorstellbar. Als der offene Wagen am 22. November 1963 die sechs Kilometer vom Tatort zum Parkland Memorial Hospital raste, hielt die First Lady ihren sterbenden Mann in den Armen. Und kurz danach, bei der Überführung des Leichnams in der Präsidentenmaschine, trug sie immer noch ihr vom Attentat blutverschmiertes rosafarbenes Kostüm.

Mrs. Kennedy kümmerte sich nach dem Tod ihres Mannes um die Erziehung ihrer Kinder Caroline und John, ehe sie im Oktober 1968 einen Schritt setzte, den ihr die Amerikaner nie verziehen: Jackie heiratete den griechischen Reeder Aristoteles Onassis – wohl kaum aus Liebe: „Es war ein Ausbruch“, sagte sie zu einer Freundin, „ich konnte nicht länger als Kennedy-Witwe leben“.

Kein Glück

Doch sie fand auch als Jackie O. kein Glück. Und als der Milliardär nach siebenjähriger Ehe starb, musste die Witwe um ihr Recht kämpfen, weil Onassis seiner Tochter Christina den Löwenanteil des Erbes vermacht hatte. Dabei wäre Jackie auch ohne sein Geld ausgekommen, hatte sie doch schon nach JFK’s Tod ein riesiges Vermögen geerbt.

Dennoch suchte Jacqueline Kennedy Onassis, wie sie sich jetzt nannte, nach einer Aufgabe. Sie wurde Lektorin und dann Herausgeberin des renommierten Buchverlags Doubleday, für den sie eine Reihe von Bestsellern produzierte, darunter die Autobiografie von Michael Jackson.

Zurückgezogen

In ihren reifen Jahren lebte die einst öffentliche Person zurückgezogen und fand in dem Juwelier Maurice Tempelsman eine späte Liebe. Im Februar 1994 wurde bekannt, dass Jacqueline Kennedy an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war. Am 18. Mai 1994 verließ sie nach mehreren Chemotherapien das Spital, am nächsten Tag starb sie 64-jährig im Beisein von Maurice Tempelsman und ihren beiden Kindern in ihrer New Yorker Wohnung in der Fifth Avenue.

Die letzte Tragödie ist ihr erspart geblieben: Fünf Jahre nach ihrem Tod kam ihr Sohn John F. Kennedy jr. im Alter von 38 Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.