Heinz Strunk: "Comedy ist das Schlimmste"
Von Marco Weise
Heinz Strunk ist fertig. Fertig mit seinen Jugend- und Kindheitserinnerungen. Mit seiner Pubertät, die das Hamburger Multitalent gerne als Hölle beschreibt. Abgeschlossen hat er dieses Kapitel seines Lebens mit dem kürzlich veröffentlichten Roman "Junge rettet Freund aus Teich". Während er sich in seinem Debüt „Fleisch ist mein Gemüse“ an seine Teenager-Zeit als Tanzmusiker mit viel zu viel Pickeln und Hormonüberschuss erinnerte, geht er in seinem mittlerweile fünften Buch weiter zurück – bis in seine frühen Kinderjahre. Heinz Strunk erzählt von seiner Oma, die nur selten das Abwaschwasser wechselte und von dem Mathe-Lehrer, der immer den selben Rollkragenpullover trug.
Strunk schildert aus der Perspektive des Jungen Mathias Halfpape – so Heinz Strunks wirklicher Name – den Alltag zwischen Freunden, Oma und Opa und Schule Ende der sechziger Jahre in Hamburg-Harburg. Er trifft auf Gleichaltrige, die einen schikanieren und mobben, auf Mädchen, die mit den Mitschülern rummachen, aber für einen selbst unerreichbar sind. Wie schon in seinem Bestseller "Fleisch ist mein Gemüse" legt der Autor den Fokus auf die hässlichen Seiten der Kindheit. Diese trägt er zurzeit bei seiner Lese-Reise vor, die den Hamburger am 11. April nach Graz und tags darauf nach Wien führt.
KURIER: Nerven Sie eigentlich solche Lesungen?
Heinz Strunk: Eine Lesung ist zwar eine harte Arbeit, aber ich habe einen Weg gefunden, der mir Spaß macht und in Deutschland wohl auch einzigartig ist: Ich lese nie aus dem Buch vor, sondern reduziere es auf eine Kurzgeschichte und reichere diese mit musikalischen Einlagen an. Ich spiele zum Beispiel mit einer Flöte (lacht).
Ihr aktuelles Buch ist auch ihr traurigstes. Wie halten Sie das Publikum bei Stimmung?
Ich packe eine ganze Reihe an Pointen in die Lesung und versuche damit zu verhindern, dass im Publikum eine bedrückte Stimmung aufkommt. In den bisherigen Shows hat diese Mischung aus ernsten und lustigen Momenten hervorragend geklappt.
War ihre Kindheit wirklich so traurig?
Nein, meine Kindheit war nicht traurig. Im Buch schildere ich meine anfangs glückliche Kindheit, die dann zunehmend durch die immer stärker werdende Psychose meiner Mutter getrübt wird.
Sie haben mal gesagt, dass Sie dem "Sumpf aus Saufen und Depressionen" entkommen sind. Mit welchen Problemen müssen Sie sich jetzt herumschlagen?
Wenn man Erfolg hat, lösen sich nicht alle essentiellen Probleme im Leben im Nichts auf – außer vielleicht die wirtschaftlichen. Der Hang zur Schwermut und Verzagtheit bleibt bestehen. Ich würde mich aber nicht als depressiven Menschen bezeichnen, denn das sollte man den Leuten vorbehalten, die wirklich eine Depression haben. Ich bin eher ein ernster und nachdenklicher Mensch.
Sie arbeiten ununterbrochen. Was treibt Sie so an?
Ich langweile mich ziemlich schnell und wüsste auch nicht, was ich mit meiner Freizeit anfangen sollte: Hobbys habe ich keine. Außerdem ist meine Karriere erst vor rund acht Jahren ins Laufen gekommen. Und jetzt versuche ich alles zu verarbeiten, was mir so einfällt. Denn die Nachfrage nach Heinz Strunk kann ja in den nächsten Jahren wieder erlahmen.
Würden Sie sich als Pop-Literaten bezeichnen?
Ich bin kein Pop-Literat. Das sind Leute wie Stuckrad Barre. Ich sehe mich als seriösen Schriftsteller. Leider ist es ja noch immer so, dass man sofort als Pop-Literat bezeichnet wird, wenn man Humor ins Buch packt. Als ob Humor ernsthaft ein Kriterium für seichte Literatur, für mangelnden Tiefgang wäre. Man ist in der Literatur-Szene auch automatisch keineswegs preisverdächtig, wenn man etwas Lustiges schreibt. Das ist eine bodenlose Frechheit.
Wie würden Sie sich selbst und ihren Humor bezeichnen?
Ich würde mich als Entertainer bezeichnen. Mit Kabarett habe ich so meine Probleme. Und Comedy ist überhaupt das Schlimmste. Das hat mit Humor nichts zu tun. Das ist der ganzjährig verlängerte Arm des rheinischen Karnevals. Entsetzlich ist auch alles was diesbezüglich im Fernsehen so läuft. Was soll daran bitteschön lustig sein?!
Können die Österreicher mit ihrem Humor mehr anfangen als die Deutschen?
Das kann durchaus sein. Das Interesse an meiner Person, an meinen Arbeiten, ist in Österreich auf jeden Fall groß. Für mich ist der österreichische Humor auch deutlich angenehmer als der deutsche. In Österreich gibt es bezogen auf die Größe des Landes überdurchschnittlich viele gute Sachen.
Sie arbeiten viel mit Christoph Grissemann und Dirk Stermann zusammen. Was ist da in Zukunft geplant?
Stermann und Grissemann sind ja neben den Studio Braun-Kollegen Rocko Schamoni und Jacques Palminger meine wichtigsten Partner. Mit Grissemann bin ich gerade dabei, ein neues Filmprojekt zu entwickeln, den Nachfolger von "Immer nie am Meer". Der Film wird, wenn alles nach Plan läuft, 2014 gedreht werden.
Wie geht es mit Ihnen und dem Studio Braun weiter?
Das Studio Braun macht munter weiter: Nach dem 2012 veröffentlichten Film "Fraktus" haben wir ein neues Album geplant. Am Entstehen ist auch ein weiterer Film, bei dem ich das Drehbuch schreiben und die Hauptrolle übernehmen werde. Dann bin ich noch Kolumnist beim deutschen Satire-Magazin Titanic und schreibe im Sommer an meinem neuen Buch – eine rein fiktionale Geschichte.
Was macht Heinz Strunk, wenn er nicht arbeitet?
Ich lade gerne Freunde zu mir auf die Dachterrasse zum Trinken und Reden ein, schaue mir im Fernsehen leichte Kost an und spiele gerne: Glücksspiel.
Sind Sie etwa spielsüchtig?
Nein, süchtig bin ich nicht – das habe ich ganz gut im Griff. Ich mache das ja schon sehr lange und verspiele auch nicht so viel Geld – maximal ein paar Hundert Euro im Monat.
Tipp: Heinz Strunk präsentiert am 11. April in Graz (Literaturhaus) und am 12. April in Wien (Rabenhof) seinen neuen Roman "Junge rettet Freund aus Teich".