Kultur

Vom „Adel der Empfindsamen“

Bekannt ist er vor allem für Romane wie „Wiedersehen in Howards End“ oder „Zimmer mit Aussicht“ (beide auch in ihrer verfilmten Version äußerst erfolgreich). Aber E(dward) M(organ) Forster (1879–1970) war auch ein Essayist von Bedeutung. Einige ausgewählte Texte, erschienen zwischen 1904 und 1949, sind nun erstmals auf Deutsch veröffentlicht worden.

„Brauchen wir Kultur?“ ist ein Essay (aus dem Jahr 1935) überschrieben – und es ist nicht von ungefähr, dass dieser auch dem gesamten Band den Titel gibt. Denn für E. M. Forster ist Kunst das Ferment der Zivilisation. Aus heutiger Sicht mag man über einen gewissen kulturpessimistischen Grundton schmunzeln, etwa wenn Forster bange fragt, ob „in einer solch gesäuberten Welt noch Platz für die Brandenburgischen Konzerte oder eine zurückgezogene Lektüre Dantes oder die Mosaike in der Hagia Sophia“ bleiben werde. Solche Sorgen gab es also auch schon vor 90 Jahren. Was aktuelle einschlägige Befürchtungen relativieren kann, oder aber deutlich macht, dass der Stellenwert von Kunst und Kultur stets prekär ist.

Optimistisch indes mutet an, wenn Forster schreibt: „Kultivierte Menschen sind wie Tintenkleckse im Meer. Sie vermischen sich guten Mutes mit anderen Klecksen […]“

Bekenntnishaft auch der Text „Woran ich glaube“ (1938). Zunächst einmal an die Demokratie – „einmal, weil sie Unterschiede zulässt, und ein zweites Mal, weil sie Kritik zulässt“. Gemeint sind Unterschiede hinsichtlich der jeweiligen Lebensentwürfe als Ermöglichung von Freiheit. Und Kritik sieht Forster als notwendiges Korrektiv: „Deswegen glaube ich an die Presse trotz all ihrer Verlogenheit und Vulgarität […]“

Existenzielle Nacktheit

Nicht glaubt Forster an „Große Männer“, die oft eine „Ödnis der Einförmigkeit und nicht selten auch eine Lache voller Blut“ umgebe. Sehr wohl aber „an den Adel“, und zwar einen Adel „der Empfindsamen, Rücksichtsvollen und Standhaften“.

Die Essays verstehen sich als „Gedanken eines Individualisten und Liberalen, der das Fundament seines Liberalismus unter seinen Füßen wegbrechen sah“ – auch dies ein zeitloser Befund. Die tiefste Begründung dieses Individualismus liegt für den Autor in einer Art existenzieller Nacktheit: dass der Mensch „genötigt“ ist, „einzeln geboren zu werden und einzeln zu sterben“. Eben deswegen „wird der Mensch immer aus den Gleisen des Totalitarismus laufen“.

In dieser Überzeugung liegt ohne Zweifel eine große Kraft und Hoffnung.

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