Kultur

"Da geht’s um Leben und Tod"

Florian Teichtmeister probt mit Matthias Hartmann Nestroys „Lumpazivagabundus“. Die Inszenierung hat am 1. August bei den Salzburger Festspielen Premiere und läuft ab 6. September am Burgtheater. Teichtmeister spielt den Leim, Michael Maertens den Zwirn, Nicholas Ofczarek den Knieriem.

KURIER: Das Burgtheater hat Sie für diese Produktion von der Josefstadt ausgeliehen. Ein Kompliment für Sie!

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Florian Teichtmeister:(lacht) Ich freu mich wahnsinnig! Ich kenne und schätze das Stück, ich spiele mit Kollegen, die ich seit Langem bewundere. Mich erinnert das ein bisschen an die Welt des Fußballs. Nur, dass dort die Ablösesummen ganz andere sind. Die beiden Häuser und die beiden Direktoren Föttinger und Hartmann stehen in bestem Einvernehmen. Sie mussten halt die Spielpläne aufeinander abstimmen.

Dass Sie das Stück schon gespielt haben – wenn auch eine andere Rolle, die des Zwirn – ist das ein Vorteil?
Das Interessante ist, dass sich die Geschichte aus der Sicht einer anderen Figur ganz anders erzählt. Das hat mich überrascht. Ich dachte: Ja, kenne ich doch eh. Und dann kam ich nach zwei Wochen Proben drauf – das ist ein anderes Stück. Aber über die Mechanik des Stückes weiß man schon Bescheid, über das, was Matthias Hartmann so gut gefällt, das Kasperltheater-hafte. Das hat ja eine ungeheuer subversive Kraft!

Aber Sie können der Versuchung widerstehen, Michael Maertens, der den Zwirn spielt, zu erklären, wie seine Rolle geht.
(lacht) Ja, der Versuchung kann ich widerstehen! Er hat ein unglaubliches Gespür für Figuren. Und manchmal habe ich eine Freude daran, wenn er etwas Ähnliches spielt wie ich damals. Da denke ich mir: Siehst, hab ich gar ned so weit danebengehaut!

Die komödiantische Kraft des Teams Maertens und Ofczarek ist bestens erprobt. Wie ist Ihre Rolle in diesem Dreieck?
Niki Ofczarek hat ja die Fähigkeit, einem Vorlagen zu geben, die einen mitziehen in ungeahnte Höhen. Um nochmals die Fußball-Analogie zu strapazieren: Er kann unglaublich scharfe Pässe unglaublich präzise spielen. Aber die Rolle des Leim gibt von sich aus nicht die größte Komödiantik her. Er ist bis zu einem gewissen Grad der am wenigsten Beschädigte, er glaubt noch an etwas. Und gleichzeitig hat er permanent den Strick um den Hals. Die Abgründe in diesem Leim, seine Feigheit und sein Schweigen, machen ihn zu einem Eckpunkt dieses Dreiecks.

Dem aufgesetzten Happy End ist, wie immer bei Nestroy, nicht zu trauen.
Ich glaube, schon Nestroy hat diesen Schlüssen misstraut. Er hat sie bewusst mit dem Holzhammer angefügt, so dass jeder wusste, was er meint. „Und übrigens, für die Herren von der Zensur, es geht gut aus!“ Aber das wird ja seit Jahrzehnten bei jeder Nestroy-Inszenierung dazugesagt: Dass man den Schlüssen nicht trauen darf. Und dass man sich seiner Sprache besser über das Hochdeutsche annähert als über das Milieuhafte.

Spielen Sie gerne Nestroy?
Ich habe immer gesagt: nein! Mir hat das Publikum beigebracht, wie Nestroy funktioniert. Ich stand als Titus Feuerfuchs auf der Josefstadt-Bühne und dachte mir: Warum lachen die jetzt? Da spricht dieser Richard III. mit den roten Hoar Sätze, da geht’s um Leben und Tod – und die Leute schmeißen sich weg! Und in dem Moment, wo ich es lustig machen wollte, hat es nicht funktioniert. Da habe ich es kapiert: Du musst es wirklich ernst nehmen, dann ist es lustig.

Der Leim ist der Einzige des Trios, der nicht kaputtgeht.
Doch, auch er geht zugrunde. Nur auf seine Weise. Wir werden versuchen, zu zeigen: Alle drei gehen am Geld zugrunde.

Wie läuft Ihre erste Zusammenarbeit mit Matthias Hartmann?
Großartig. Diese Offenheit, dieser Mut – ich habe immer das Gefühl: Es ist alles möglich.

Sie drehen derzeit auch in der Regie von Wolfgang Murnberger die TV-Komödie „Lost & Found“.
Ja, mit der Uschi Strauss. Das Drehen ist eine Arbeit, die mir besonders viel Freude macht – weil ich das Gefühl habe, da kann ich ganz viel lernen. Je mehr ich übers Drehen lerne, umso mehr bewundere ich Filmschauspieler. Ich bin überhaupt einer, der Kollegen meist bewundert. Ich bin auch einer, der im Kino sofort vergisst, dass das ein Film ist!