Filmkritik zu "Shoplifters": Die Kunst des Ladendiebstahls
Von Alexandra Seibel
Wenn Vater und Sohn Fischen gehen wollen, müssen sie zuerst die Angelruten klauen. Und das Essen, das zu Hause auf den Tisch kommt. Und überhaupt alles, was sie so zum Leben brauchen.
Denn die Shibatas sind keine „normale“ Familie. Zwar arbeitet der Vater ab und zu auf dem Bau, doch der Lohn reicht nicht. Auch die Peepshow-Auftritte der jungen Aki bessern das Familieneinkommen nur minimal auf. Zum Glück gibt es da noch die Pension der Großmutter.
Klingt alles nach schwerem Sozialdrama, ist es aber nicht. Im Gegenteil: Der japanische Regisseur Kore-eda Hirokazu erzählt die Geschichte einer diebischen Großfamilie an den sozialen Rändern von Tokio als zärtliche Sozialutopie mit heiteren Untertönen. In warmen, lichten Farben beobachtet er die Familienmitglieder, ihre robuste Beziehungen zu einander und die Routinen der täglichen Geldbeschaffung.
Richtig schlecht geht es nämlich trotz allem niemanden. Da lässt sich sogar noch ein verwahrlostes Kind aufnehmen, das ebenfalls in die Kunst des „Shopliftings“ eingeführt wird. Überhaupt ist Kore-eda ein Meister der unvoreingenommenen Beobachtung, lässt seinen Figuren reichlich Spielraum und entfacht dabei frischen Wind im witzigen Detail. Zudem hat er ein besonderes Händchen für die Regie von kleinen Kindern. Hinreißend erzählt er von den Freiräumen, die sich jenseits der „normalen“ Gesellschaft ergeben – aber auch von der Sehnsucht nach genau dieser Normalität.
INFO: J 2018. 121 Min. Von Kore-eda Hirokazu. Mit Lily Franky, Andō Sakura.