Filmkritik zu "Hellboy – Call of Darkness": Dämonische Apokalypse
Von Alexandra Seibel
Vorbei die Zeiten, in denen der mexikanische Fantasy-Boy Guillermo del Toro mit zärtlicher Hand Regie führte und aus Hellboy einen Superhelden mit Hang zur Romantik formte. Vorbei auch die beiden Hellboy-Spektakel von 2004 und 2008, in denen der rothäutige Halbdämon das Gesicht von Ron Perlman trug und jugendfreie Abenteuer bewältigte. Im Reboot kommt alles anders. Und bei weitem schlechter.
Zugegeben: Regisseur Neil Marshall hielt sich treuer an die düstere Comic-Vorlage von Mike Mignola als sein Vorgänger. Außerdem musste er nicht – im Gegensatz zu del Toro – eine Studiovorgabe erfüllen und einen Film drehen, den auch Zwölfjährige sehen dürfen. Marshalls „Hellboy – Call of Darkness“ kommt mit entscheidend mehr Blut und Gewalt daher. Unter 17 darf bei ihm keiner rein. Das weiß man spätestens nach einem Besuch bei der widerlichen Hexe Baba Jaga, in deren Hinterzimmer ausgeweidete Kinderleichen hängen. Bei deren Anblick vergeht sogar Hellboy der flapsige Tonfall.
Marshall greift tief ins Fach des Fantasy-Horror-Trash und suhlt sich in grauslichen Ekel-Details von triefenden Monsteraugen, speichelnden Untoten und zerfetzten Mönchen. Hellboy, dessen Ursprung als Höllensohn auf dem Spiel steht, wütet sich zu fettem Metal-Soundtrack durch die Schlachtplatten. Eine mittelalterliche Tafelrunde will ihn zerstückeln, eine Horde Riesen zerreißen. Grauenhafte Hexenfiguren stecken ihm ihre behaarten Zungen in den Mund, ein sprechendes Wildschwein sinnt auf Blutrache. Dazwischen sitzt Milla Jovovich als Blutkönigin arm- und beinlos vor dem Fernseher und wartet darauf, dass ihre abgeschnittenen Gliedmaßen zurück kehren. Hellboy findet kaum noch die Zeit, um sein abgeschnittenes Horn nachzufeilen.
Marshall organisiert seine Horror-Schübe umständlich in Nebensträngen und Rückblenden. Jede Handlungswendung gibt ihm Anlass zu neuen Gemetzeln und Dämonen-Apokalypsen. Flockige Rocksongs sollen dafür sorgen, dass die Stimmung nicht völlig untergeht. Aber so viel Blutrausch macht trotzdem sehr, sehr müde.
INFO: USA 2019. 120 Min. Von Neil Marshall. Mit David Harbour, Milla Jovovich.