Kultur

Festwochen: Wenn die Betroffenen vom Krieg erzählen

„EXODUS“ ist ein dokumentarisches Bühnenprojekt des georgischen Theatermachers Mikheil Charkviani, das von den Auswirkungen des Kriegs auf die Menschen erzählt. Der Regisseur führt dazu Interviews mit Betroffenen, die er auf jeweils etwa 15 Minuten verdichtet und in jeweils fünf Kapiteln pro Abend montiert. Die Betroffenen erzählen auf der Bühne ihre Geschichten selbst.

Einzige Dekoration der kahlen Bühne ist eine Sandkiste, in der Kinder Sandtürme bauen. Sie werden sich am Ende zum Kinderchor der Gumpoldskirchner Spatzen formieren und ein Lied über die Hoffnung auf Frieden und Freude singen.

Auf Einladung der Wiener Festwochen hat Charkviani 15 neue Interviews geführt und die Geschichten  auf drei Abende verteilt.

Vertrieben

Den Auftakt macht der 85-jährige Ludwig, der aus Briefen seiner Eltern vorliest, die nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs 1938 aus dem Land fliehen mussten. Es sind zutiefst berührende Zeugnisse von Liebe, Angst, Verzweiflung und Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Der Familie gelang schließlich die rettende Flucht nach Bolivien.

Im zweiten Kapital erzählen die aus Afghanistan stammenden Helal und Ebrahim von ihrer gefährlichen und überaus beschwerlichen Flucht bis Österreich. Erst hier haben sie einander kennengelernt, sie wurden Freunde und machen heute zusammen Musik.

Im dritten Teil hören wir die Stimme einer anonymen Fluchthelferin, die davon berichtet, wie sie die Grenzen von Staaten und der Legalität überschreitet, um Menschen, denen in Österreich kein Asyl gewährt wird, in anderen Ländern in Sicherheit zu bringen.

Jacke

Im vierten Kapitel begegnen wir Oscar aus dem Libanon. Er zeigt einige persönliche Gegenstände, von denen er sich nach seiner Flucht nicht trennen kann, darunter seine Schuluniform, ein Armband und eine Jacke, die ihm seine Mutter geschenkt hat. Oscar hat in Österreich Karriere gemacht und arbeitet jetzt in einer Betriebsberatungskanzlei in der Kärntner Straße, wie er stolz sagt.

Zum Abschluss kommt der Syrer Ahmad zu Wort. Er wendet sich an seine Tochter, die inmitten des Bombenhagels im Bürgerkrieg in einem Keller zur Welt kam. Er erzählt ihr von ihrer Heimatstadt, die sie nie kennengelernt hat. Auf Google Earth zeigt er ihr, wo die einst wohlhabende Familie einmal gelebt hat.

Fazit

Ein unspektakulärer und gerade deshalb ungemein eindrücklicher, berührender Abend, gerade für ein österreichisches Publikum, das an den Frieden gewöhnt ist. Der dritte und letzte Teil der dokumentarischen Performance ist heute, Sonntag zu sehen.