Kultur

Feine Sahne Fischfilet: Attentat nur knapp überlebt

Die deutsche „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ beschäftigte sich einst genauso mit der Band Feine Sahne Fischfilet, wie der Verfassungs-Schutz. Denn als die Punker, die ihren Sound mit Trompeten anreichern, 2009 ihr erstes Album „Backstage mit Freunden“ rausbrachten, gab es sexistische und „die Gewaltbereitschaft fördernde“ Zeilen in den Texten des Sextetts.

„Wir sind alle am Dorf aufgewachsen“, erklärt Sänger Jan „Monchi“ Gorkow im Interview mit dem KURIER. „Dort war es üblich, dass man zusammengesessen ist, erst Nazi-Bands und gleich darauf Die Ärzte, die eindeutig links sind, gehört und sich dabei bekifft hat. Aber wir waren damals 17 Jahre alt, und Politik war uns noch völlig egal. Jetzt sind wir 27 und haben ein bisschen mehr darüber nachgedacht.“

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Kultstatus

Mit dem neuen Album „Sturm & Dreck“ haben sich Feine Sahne Fischfilet zu einer Band entwickelt, die den Durchbruch geschafft hat und mit ihrem live noch viel mitreißenderen Sound Hallen füllt. Aber auch inhaltlich sind die Rostocker über die Jahre reifer geworden, haben sich mit ihrer Haltung in der linken Szene Deutschlands Kultstatus erarbeitet.

Ging es anfangs in den Texten nur ums Saufen, um Sex und den Widerstand gegen den Staat, singen Gorkow und seine Freunde jetzt gegen Neonazis und Alkohol-Exzesse an. Das Lied „Angst frisst Seele auf“ ist der Band-Freundin und Linken-Politikerin Katharina König-Preuss gewidmet, die in Thüringen in einem Untersuchungsausschuss tätig ist, der die Gewalttaten der rechtsextremen Terrororganisation NSU aufklären will.

„Deshalb hat die Neonazi-Band Erschießungskommando einen Song über sie gemacht, in dem sie drei Minuten lang darüber singen, wie sie Katharina abschlachten“, erzählt Gorkow. „Unser Song ist das Gegenstück. Denn wir reden da nicht von 15-jährigen Neonazi-Kids, sondern von einem gefährlichen Netzwerk, das auch Leute abknallt. Das muss schon wahnsinnige Angst machen. Katharina hat eine Narbe im Gesicht, weil sie schon einmal verprügelt wurde.“

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Hilfslieferung

In dem Song „ Suruç“ geht es um einen Vorfall in dem gleichnamigen Ort in der Türkei an der Grenze zu Syrien. „Ich hatte am Samstag auf einem Festival gespielt, wo 15.000 Leute fröhlich gefeiert hatten“, erzählt Gorkow. „Zwei Tage später stand ich in Suruç zwischen 31 Leichen und 70 Verletzten, weil dort ein IS-Kämpfer einen Selbstmordanschlag verübt hatte.“

Gorkow und seine Freunde, die dort waren, um in Rostock gesammelte Hilfsgüter in die Stadt Kobane hinter der syrischen Grenze zu bringen, entgingen dem Anschlag nur knapp. Er ist der Grund dafür, dass Gorkow sich nicht unbedingt für den Weg der Gewaltlosigkeit stark machen will.

„Dafür gibt es sicher gute Argumente“, sagt er. „Aber Gewaltlosigkeit muss man sich auch leisten können. Ich habe in Suruç mit Leuten geredet, die erzählten, wie sie von IS-Kämpfern bedroht und abgeschlachtet werden. Soll man sich mit denen an einen Tisch setzen und reden? Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Wenn ich im Geschichtsunterricht nur ein bisschen aufgepasst habe, weiß ich: Die Nazis wurden auch nicht mit Friedens-Politik besiegt.“

Tour-Daten:

25. 5. Graz/PPC (ausverkauft),

26. 5. Linz/Posthof  (Karten unter 01/96 0 96 oder www.oeticket.com)

27. 5. Wien/Arena (ausverkauft)