"Fack ju Göhte 2": Herzmassage mit Faustschlägen
Von Susanne Lintl
Es gibt Momente im Leben eines großen Kinofans, wo es wirklich kritisch wird: Etwa, wenn der Nachwuchs darauf besteht, sich Filme anzuschauen, in die man normalerweise nicht einmal unter Androhung von mehrstündigem Volksmusikhören gehen würde.
"Fack ju Göhte 1" war so einer: Eine deutsche Komödie über doofe Teenager, die voll lustig sein sollte. Das klang angesichts des feinsinnigen deutschen Humors nach gefährlicher Drohung.
Doch manchmal ist es gut, dem Nachwuchs nachzugeben: Zeki Müller und seine Gurkentruppe aus der 10 B der Goethe-Gesamtschule erwiesen sich als fröhlich dampfende Stimmungskanonen. Naja, im Nachhinein betrachtet war es eh klar, dass der Film kein Mist sein konnte: Ist doch Elyas M’Barek halber Österreicher.
Nun ist Elyas alias Zeki zurück und hat nichts von seiner Direktheit und erdigen Originalität eingebüßt. Ist noch immer genervt von seinen nicht sehr hellen Schützlingen, allen voran Chantal. Lebt noch immer mit seiner penibel-verklemmten Lehrerkollegin Lisa Schnabelstedt zusammen und fälscht noch immer munter irgendwelche Befähigungsnachweise, die Direktorin Gerster (köstlich: Katja Riemann) von ihm verlangt. Dummerweise versteckt er die Beute eines Überfalls, den er vor seiner Lehrerkarriere verübt hat, in einem Kuscheltier, das Frau Schnabelstedt für ein Charity-Projekt in Thailand spendet.
Also muss er nach Thailand. Mit seiner Klasse.
Dort lassen Zeki, Chantal, Daniel, Ploppy & Co. den Schmäh rennen: Frau Schnabelstedt scheitert bei der Flughafen-Security an einer Handgranate in ihrer Tasche, Affen attackieren Zekis Kopf, Chantal verpasst dem hernach Ohnmächtigen eine Herzmassage per Faust.
Fußfessel
Klassen-Großmaul Daniel (Max von der Gröben) bekommt eine Fußfessel mit Stromschlägen (Chantal: "Das ist doch gegen den Menschenrat!"), der Streber-Lehrer aus dem Schillergymnasium kriegt eine auf die Nuss und Chantal schließlich eine Karriereperspektive ("Meint ihr, er hat das ernst gemeint, dass ich dumm bin? Ich kann doch YouTube-Star werden!"). Fad wird einem in dieser vor Sprachwitz und politischer Unkorrektheit nur so strotzenden Komödien-Diplomarbeit nicht.
Den ersten Teil von "Fack ju Göhte" haben stolze 7,3 Millionen Menschen gesehen. Dass da jetzt noch ein paar Millionen dazukommen werden, davon kann man ausgehen.
KURIER-Wertung:
INFO: Fack ju Göhte 2. D 2015. 120 Min. R: Bora Dagtekin. D: Elyas M’Barek, Karoline Herfurth, Jella Haase, Katja Riemann, Uschi Glas.
Drama, Baby, Drama. Er hatte was: eine männliche Ausstrahlung, eine dunkle Stimme, die Begabung zum Verführen: Jack Unterweger, der Mörder und Poet, sprach viele an. Wie ein Raubtier.
Elisabeth Scharang ist dieser Faszination auf ihre Weise erlegen und hat dem Mann, der mehr als ein Mörder sein wollte, ein filmisches Denkmal gesetzt.
Ein Film, der kein Justizthriller ist (rechtliche Fakten werden völlig ausgeklammert), sondern das Psychogramm eines Lebemanns und seines Umfelds.
Selbstherrlich
Ein guter Film, der unterhält, Einblicke in die selbstherrliche Wiener Kunstschickeria gewährt, einen tollen Sound (von Naked Lunch) hat.
Burgtheaterstar Johannes Krisch kopiert nicht Jack Unterweger, aber er interpretiert ihn furios.
KURIER-Wertung:
INFO: Jack. A 2015. 98 Min. R: Elisabeth Scharang. D: Johannes Krisch, Birgit Minichmayr, Corinna Harfouch.
Hier finden Sie Interviews mit Johannes Krisch und Elisabeth Scharang.
Sie wurde Wüstenkönigin genannt, weiblicher Lawrence von Arabien: Gertrude Bell war zu ihrer Zeit – jener des Zerfalls der großen Weltreiche – eine der ersten emanzipierten Frauen. Als eine der Ersten in Großbritannien hatte sie Zeitgeschichte studiert und wollte sich aufgrund ihres Intellekts keinem Mann unterordnen. Ihr Vater schickte sie daher in die britische Botschaft in Teheran: Für sie war es das Tor zur arabischen Welt, die fortan ihr Leben bestimmte.
Kein Geringerer als Werner Herzog hat sich nun der packenden Lebensgeschichte angenommen und daraus einen recht zähen und pathetischen Film gemacht. Als Protagonistin hat er die puppenhafte Nicole Kidman gewählt, über die die echte Gertrude Bell wahrscheinlich nur müde gelächelt hätte. Königin der Wüste.
KURIER-Wertung:
INFO: Königin der Wüste. USA/MAR 2015. 129 Min. R: Werner Herzog. D: Nicole Kidman, Robert Pattinson.
Esoterik-Rausch. Ein smarter Hollywoodproduzent sucht nach dem Sinn seines Lebens und wird nicht fündig: Nach diesem, dem siebenten Film des einst so großen Terrence Malick ("The Thin Red Line", "Tree of Life") kann man sagen, dass der Meister ziemlich am Ende seiner Weisheit angelangt ist.
Sein zweistündiges, bruchstückhaftes Esoterik-Epos unterlegt er mit schönen, aber ermüdenden Bildern aus dem All, kargen Gebirgslandschaften, malerischen Stränden und Sonnenstrahlen in Baumkronen. Kameravirtuose Emmanuel Lubezki ("Birdman", "Gravity") gibt ebenso sein Bestes wie die Hauptdarsteller Christian Bale (Bild), Cate Blanchett, Natalie Portman oder Antonio Banderas, doch die Sterne leuchten ihnen nicht. Möge Mr. Malick seinem Guru entfliehen und auf seine alten Tage wieder in die reale Welt zurückkehren.
KURIER-Wertung:
INFO: Knight of Cups. USA 2015. 117 Min. R: Terrence Malick. D: Christian Bale, Cate Blanchett, Natalie Portman.
Sie stellten den Ölkonzern Shell mit der Ankündigung von Ölbohrungen in der Arktis bloß, nervten die US-Handelskammer mit einem gefakten Statement zur Klimapolitik und brüskierten die Regierung Kanadas mit dem Eingeständnis von Umweltfehlern in Uganda: Die Umwelt- und Globalisierungsaktivisten Mike Bonanno und Andy Bichlbaum – kurz: Yes-Men – sind inzwischen nicht nur in der Szene bekannt wie bunte Hunde.
Den in New York lebenden Superstars des originellen Klimaschutzes hat die US-Regisseurin Laury Nix nun ein kurzweiliges Porträt gewidmet, in dem sie die 15 gemeinsamen Aktivistenjahre der Yes-Men Revue passieren lässt. Da kommen bornierte Regierungsbeamte und Firmenmanager ebenso zu Wort wie Freunde und Familie und Mitglieder der Occupy-Bewegung. Aktivismus zum Gernsehen.
KURIER-Wertung:
INFO: Die Yes-Men – Jetzt wird’s persönlich. USA 2015. 91 Min. R: Laura Nix. D: Mike Bonanno, Andy Bichlbaum.
Wie die anderen
Dokumentation Einen hochinteressanten Einblick in den Alltag der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Tullner Landesklinikum gewährt der österreichische Filmemacher Constantin Wulff. Er begleitet Ärzte und Therapeuten bei ihren Besprechungen und bei Gesprächen mit ihren jungen Patienten und führt behutsame Unterhaltungen mit den jungen Leuten, die nichts in der Welt lieber sein wollen als "so sein wie die anderen". Menschlich und medizinisch wertvoll.
KURIER-Wertung:
Den Menschen so fern
Drama Algerien, 1954. Daru, ein Französischlehrer in einem abgelegenen Bergdorf im Atlasgebirge, wird in den Krieg der algerischen Unabhängigkeitsbewegung und der französischen Kolonialmacht hineingezogen. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als mit einem einheimischen Bauern in die Berge zu flüchten. Ein trotz toller Ästhetik seltsamer und blutleerer Film mit Viggo Mortensen in der Hauptrolle. Nach der Kurzgeschichte "Der Gast " von Albert Camus .
KURIER-Wertung:
Der Bauer und sein Prinz
Dokumentation Prinz Charles gilt spätestens seit seinem Tampon-Telefonat mit Camilla als Oberschrulli des britischen Königshauses. Hier kann er sein Image korrigieren: Der ewige Prinz führt durch seine ökologisch bewirtschaftete Farm in Südengland und ist sichtlich in seinem Element.
KURIER-Wertung: