Kultur

Essl Museum: Mein Yin ist größer als dein Yang

Seit Jahren schon steht die Männerdominanz im Kunstbetrieb auf der Anklagebank. Und so überrascht es, dass Agnes Essl, die neben ihrem Mann Karlheinz die Entwicklung der Kunstsammlung und des Klosterneuburger Essl-Museums stets aktiv mitgestaltete, erst jetzt, zum 15. Bestandsjubiläum des Museums, eine eigene Ausstellung in der großen Galerie des Hauses kuratiert.

Andere Sicht

„Die andere Sicht“ (bis 21.9.) ist eine dezidiert persönliche, auf 27 Künstlerinnen fokussierte Schau, die sich mit einer zweiten Jubiläumsausstellung zu einem Rundgang schließt: Unter dem Titel „Made In Austria“ (bis 24.8.) zeigt Karlheinz Essl, was ihm in der österreichischen Kunst – und in der eigenen Sammlung – besonders bedeutsam scheint.

Als ausbalanciertes Ying-Yang darf man sich die Präsentation, die nicht zuletzt den Stellenwert der Sammlung Essl als Reservoir österreichischer Kunst hervorstreicht, allerdings nicht vorstellen: Viele Schräglagen werden durch Auswahl und Hängung teils unterschwellig, teils bewusst bestätigt.

Abstrakte Großformate – Karlheinz Essl zeigt in einem zentralen Raum Hollegha und Prachensky neben Mikl, Brandl und Scheibl – fehlen bei Agnes Essl etwa ganz: Die ausladende malerische Geste gehört traditionell zu einem männlichen Künstler-Selbstverständnis. Viele Künstlerinnen probierten es gar nicht erst, hier in Konkurrenz zu treten.

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Zwänge und Vorlieben

Überhaupt sind in Agnes Essls Auswahl oft von außen auferlegte Grenzen sichtbar: Franka Lechners Bildteppiche und Gudrun Kampls mit Musterstoff umrahmte Bilder lassen sich etwa als ironische Statements zu Handarbeit und Dekor verstehen, Werke von Xenia Hausner und Deborah Sengl als ein Ausloten von Inszenierung und Maskerade.

Am Ende ließ sich die Sammlerin aber nicht von feministischen Diskursen, sondern von individuellen Präferenzen leiten. Der Wunsch, hier Brücken zu bauen und Alt und Jung, Bekannt und Unbekannt zusammen zu bringen, geht dabei nicht unbedingt auf: Einige jüngere Positionen wirken gegenüber einer Maria Lassnig, Marie-Luise Lebschik oder Birgit Jürgenssen zu leichtgewichtig.

Karlheinz Essl hatte es hier leichter, zeigt er doch nur etablierte Größen (drei Künstlerinnen, Valie Export, Martha Jungwirth und Lassnig, sind da wie dort vertreten). Dabei konnte er auf einen Bestand von Meisterwerken zurückgreifen. Wobei die Frage, inwiefern „Meisterschaft“ letztlich die Erfindung eines männerdominierten Kunstbetriebs ist, noch ausführlich diskutiert werden muss.