Endlich redet Old Shatterhand
Von Peter Pisa
Der rote Mann kämpft den Verzweiflungskampf, er muss unterliegen, aber ein jeder Schädel eines Indianers, welcher später aus der Erde geackert wird, wird denselben stummen Schrei zum Himmel stoßen und so weiter und so fort. Typisch Karl May.
Trotzdem ist er nach wie vor der meistgelesene Autor deutscher Sprache (200 Millionen verkaufte Bücher) – und kaum hatte heuer, anlässlich seines 100. Todestages, in Chemnitz eine Karl-May-Schau eröffnet, schnappte sich auch schon ein Dieb ein Ausstellungsstück: eine Bibermütze.
Täuschungen
Endlich redet Old Shatterhand, sein Held: Die Biografie "Karl May – Die ganze Wahrheit" (Carlsen Verlag, 13,30 Euro) ist durchaus ernst zu nehmen, aber halt mit Witz vom Münchner Autor und Zeichner Christian Moser aufgezeichnet und illustriert.
Karl May verdient es auch nicht anders. Dem muss man sich mit Ironie nähern. Dem ist es sogar gelungen, vor seinen vielen Fans eine alte Furunkelnarbe als "Erinnerung an einen Messerstich" auszugeben.
Oft stand er vor Gericht, auch als Trickbetrüger, als Dieb, und sein eigener Verteidiger hatte einmal gemeint: Es treibe ihn die Kunst, den Leuten etwas vorzumachen und daraus Gewinn zu erzielen.
Stimmt. Er hat uns den Wilden Westen, den es so nie gegeben hat, vorgemacht; allerdings hat er sich dann auch selbst vorgemacht, Old Shatterhand zu sein und außerdem 1200 Sprachen und Dialekte zu beherrschen.
Einmal riss Karl May sein Hemd auf, um zu zeigen, dass ihm ein Grizzlybär die halbe Brust zerfleischt hatte – und niemandem fiel auf, dass seine Brust völlig glatt und unversehrt war.
Er musste selbst zum Märchen werden. Ein großer Täuscher war er, dessen Geschichten zeitweise als Literatur missverstanden wurden. Aber als Einstieg in die Welt der Bücher sind sie etwas Feines.
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