"Ein dramatischer Schritt"
Von Michael Huber
Am kommenden Dienstag lässt das Leopold Museum drei Blätter von Egon Schiele bei Sotheby’s London versteigern: Mit dem Erlös – geschätzte 10 bis 14 Millionen Euro – wird ein Vergleich mit den Erben des Raubkunst-Werks „Häuser am Meer“ (siehe Bild unten re.) finanziert. Im KURIER sprechen Elisabeth Leopold, die Witwe des Museumsgründers, sowie die Direktoren Tobias G. Natter und Peter Weinhäupl über den Erhalt der Sammlung und über drängende Finanznöte.
KURIER: Bereits 2011 wurde das Schiele-Gemälde „Häuser mit Bunter Wäsche“ versteigert, um das „Bildnis Wally“ im Museum zu halten. Wie wurden nun die drei Bilder für die Auktion ausgewählt?
Elisabeth Leopold: Das Blatt – um das ich selbst trauere – ist unser Tribut an diese unglückliche Restitutionsangelegenheit, die wir unbedingt bereinigt haben wollen. Es ist ein absolutes Spitzenblatt, wie es in den vergangenen 12 Jahren wahrscheinlich nicht am Markt war.
Die Werke gehören der Leopold-Museum-Privatstiftung. Als deren Zweck ist festgeschrieben, die Sammlung zu erhalten. Wie hat man das gelöst?
Peter Weinhäupl: Für die Finanzierung von Vergleichen darf die Stiftung Kunstwerke verauktionieren, das bestätigt ein Gutachten von Prof. Theo Öhlinger. Und wir haben die Zustimmung des Kultur- und Finanzministeriums.
Wie wichtig war für Rudolf Leopold der Erhalt seiner Sammlung? Er verkaufte und tauschte selbst auch immer wieder.
Über die Verdienste von Rudolf Leopold zur Wiederentdeckung Schieles wurde viel gesagt. Wie schätzen Sie die Strahlkraft des Museums heute ein?
Natter: Wir sind ein Sammlermuseum, hier sieht das Publikum die Kunst von Wien um 1900 mit Klimt, Schiele, Kokoschka und Zeitgenossen in der Zusammenschau mit Möbeln, Grafik und Design wie sonst nirgendwo. Wir machen vielbeachtete Ausstellungen und sind ein international gefragter Kooperationspartner. Wir freuen uns, wenn wir damit zur Marke Wien und ihrer Strahlkraft beitragen. Aber wir können nicht verstehen, warum wir von politischer Seite bislang kein positives Signal erhalten: Seit der Eröffnung 2001 werden wir jährlich mit ca. 2,5 Mio Euro subventioniert. Dieser Betrag ist in elf Jahren nie angehoben worden! Das ist ein unhaltbarer Zustand. Mir fällt kein zweites Beispiel ein, wo für so wenig investiertes Geld so viel für den Kultur- und Wirtschaftsstandort erreicht wird.
Können Sie sich organisatorische Änderungen vorstellen, um aus dieser misslichen Lage zu kommen?
Es gibt noch die „Sammlung II“, die Rudolf Leopold nach 1994 anlegte. Erlauben Sie den Gedanken – könnte nicht die Familie Leopold damit als Mäzen des Museums auftreten?
Leopold (fährt auf, klopft auf den Tisch): Was soll ich diesem Staat schenken, der uns nicht einmal das Primitivste ersetzt? Da werde ich bös’ bei dem Gedanken.
Aktu
„Häuser am Meer“, 1914 von Egon Schiele gemalt, gehörte einst der Sammlerin Jenny Steiner. Es wurde von den Nazis 1938 beschlagnahmt und 1941 versteigert. Rudolf Leopold erwarb es 1955 vom Sohn der Käuferin – in gutem Glauben, wie er stets betonte.
Der Vergleich13 Jahre dauerte der Streit zwischen dem Museum und den Erben von „Häuser am Meer“. Mit einer Enkelin Steiners einigte man sich 2011 auf eine Zahlung von 5 Mio. US-Dollar. Die weit verzweigten Rechtsnachfolger zweier Töchter Steiners stimmten im Juni 2012 einem Vergleich zu.
Die AuktionSotheby’s sicherte sich die drei vom Museum ausgewählten Blätter: Wie aus dem Katalog ersichtlich ist, gibt es für alle drei Werke bereits ein unwiderruflich eingebrachtes Gebot, zusätzlich garantiert das Auktionshaus eine bestimmte Summe. Der Vergleich ist damit fix finanziert.
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