Kultur

"Die Perser" im Akademietheater

Auch eine griechische Tragödie kann komisch sein. In diesem Fall nach dem Ende des Stücks: Der glatte Bühnenboden ist dermaßen in Theaterblut getränkt, dass die Schauspieler und das Regieteam beim Verbeugen kaum aufrecht stehen können, sie rutschen, watscheln, klammern sich aneinander fest. Ein unfreiwillig komischer Gegensatz zur Ernsthaftigkeit des Geschehens vorher. Hier bewahrheitet sich die alte Theaterweisheit: Immer auch die "Applaus-Ordnung" proben!

Das Akademietheater hat "Die Perser" auf den Spielplan gesetzt, schließlich hat Burg-Direktorin Karin Bergmann eine Auseinandersetzung mit den großen, alten Stoffen der Theaterliteratur angekündigt. Uraufgeführt 472 vor Christus ist "Die Perser" das älteste erhaltene Drama der Welt.

Kriegs-Horror

In dem Stück schildert Aischylos, der selbst bei Marathon und bei Salamis gegen die persischen Invasoren gekämpft hat, seine eigenen Kriegserfahrungen. Der Text ist in mehrfacher Hinsicht ungewöhnlich und fast "modern". Den erstens interessiert sich hier ein Grieche für das Leid der geschlagenen Feinde, und zwar keineswegs zum Zweck der Demütigung. Zweitens ist er, mit seinen ausführlichen Schilderungen von Kriegs-Horror und dem Schmerz der vaterlos gewordenen Familien, beinahe ein Antikriegsstück – und das, obwohl der Krieg im alten Griechenland eher als eine edle Kunstform und beliebte Sportart galt.

Das Stück beginnt mit den Hoffnungen der Perser auf Ruhm und strahlenden Sieg. Dann tritt die Königinmutter auf und berichtet von unheilvollen Zeichen. Ein Bote kommt und erzählt von der vollständigen Vernichtung von Flotte und Landheer.

Der Geist des alten Königs Dareios wird aus der Unterwelt heraufbeschworen, er klagt seinen Sohn Xerxes der Hybris an. Und Hybris, also Überheblichkeit, Anmaßung, Hochmut wird im griechischen Drama streng bestraft, heute gäbe es einen Shitstorm, damals griffen die Götter ein. Xerxes’ Verbrechen: Er hat die heilige Meeresenge des Hellespont überbrückt und damit den Meeresgott beleidigt.

Am Ende tritt der geschlagene Feldherr Xerxes auf und muss sich den Vorwürfen seines Volkes stellen. Mit Wehklagen klingt das Stück aus. (Im Akademietheater wird etwa 30 Mal das Wort "Nein" gebrüllt.)

Michael Thalheimer hat das Stück (in der ausgezeichneten Übersetzung des Lyrikers Durs Grünbein) auf 80 Minuten verdichtet und, dem antiken Stoff angepasst, formal sehr streng inszeniert. Die Personen agieren fast bewegungslos (und dürfen mehrere ausgesucht schreckliche altgriechische Schmerzensschreie hören lassen).

Großartiges Ensemble

Das großartige Ensemble – Falk Rockstroh (als "Chor" und Vertreter des Volkes), Christiane von Poelnitz (als Königinmutter), Merlin Sandmeyer (als nackter, geschundener Xerxes), Branko Samarovski (als ziemlich furchteinflößender Geist) und Markus Hering (als traumatisierter Überlebender der Schlacht) – setzen die großartige Sprache des Textes klar und eindrucksvoll um.

Die Bühne (Olaf Altmann) ist kahl, am Schluss jedes Aktes stürzt die Decke ein und kippt nach vorne, eine Wolke von Staub und Nebel verbreitend – ein ziemlich gruseliger Effekt.

Obwohl das Stück etwa 2500 Jahre alt und uns vieles darin fremd ist, etwa seine formale Strenge und sein überhöhter Ton (und was war noch einmal genau ein "Daimon"?), wird doch völlig klar, worum es hier geht: Krieg ist immer etwas Schreckliches, und menschliche Gier nach Ruhm und Sieg führt nie zu etwas Gutem.

Zu Recht großer Jubel am Ende.