Die ersten beiden Murakami-Romane
Von Peter Pisa
Man wird schnell vergessen, worum es geht, weil es um gar nichts geht (aber das macht nichts) – und außerdem:
Klettern keine bösen kleinen Männer aus dem Maul einer toten Ziege wie in "1Q84", so merkt man sich das Sinnlose, das man gelesen hat, nicht so gut.
"Wenn der Wind singt" aus dem Jahr 1979 ist Haruki Murakamis (erst jetzt übersetzter) allererster Roman; und er ist noch nicht auffällig seltsam.
Abgesehen von einem Studenten, genannt "Ratte" , dem die Welt zu groß ist. Er isst gern Palatschinken und schüttet sich eine Flasche Cola drüber.
Schweinekalt
Aber schon ein Jahr später, im zweiten Roman "Pinball 1973", beginnt das große Rätselraten (das in "Wilde Schafsjagd", dem offiziellen Literaturstart Murakamis, ins Zentrum gerückt wurde und dort seither nicht mehr weggeht):
Ein Typ taucht auf, der sich einbildet, er stamme vom Saturn. Einen Sprachfehler hat er und klagt: "Es ist schw-schweinekalt dort."
Ein Telefonverteilerkastl bekommt ein Seebegräbnis, ein Flipper – Modell Spaceship – kann reden, und die Zwillingsschwestern 208 und 209 machen es ebenfalls märchenhaft (schön).
Er sagt: Im Jingu-Baseballstadion – Schlagmann Dave Hilton erzielte einen Two-Base-Hit für die Tokyo Yakult Swallows – sei ihm der Gedanke eingeschossen. "Ja, vielleicht kann ich einen Roman schreiben ..."
13 Bücher sind es bisher geworden; und vom Time Magazine wurde Murakami unter die 100 einflussreichsten Menschen der Welt gewählt.
Schon im Frühestwerk hat der heute 66-Jährige seinen Stil festgelegt: kurze, karge Sätze – weil er versuchsweise Englisch dichtete und sein Wortschatz nicht so groß war. Dann übersetzte er sich ins Japanische und schmückte nichts mehr aus.
(So in der Art:
"Hättest du gern Sex?" – Ja." – "Tur mir leid. Es geht heute nicht.")
In "Wenn der Wind singt" – naja – und "Pinball 1973" – sehr gut! – ist man jeweils mit einem jungen Mann zusammen. Der eine will Schriftsteller werden, der andere will flippern.
Sie haben Freundinnen, es wird Bier getrunken, Rindfleischeintopf gegessen, es wird geraucht, viel geraucht – und Musik gehört, das ist immer wichtig:
Stan Getz mit "Jumping with Symphony Sid", Mildred Baileys "It’s So Peaceful in the Country", aber auch Händels Blockflötensonaten
Im Debütroman steht: Wie großartig wäre es, etwas für die Zikaden, die Frösche, die Spinnen, das Sommergras und den Wind schreiben zu können.
Bei allem Respekt, Herr Murakami: Vergiss es.