Kultur

Deutscher Buchpreis: Keine Namen aus Österreich auf der Shortlist

Der Deutsche Buchpreis, eine der renommiertesten und medienwirksamsten Auszeichungen des deutschsprachigen Literaturbetriebs, hat seine nächste Stufe gezündet: Am Dienstag wurde die "Shortlist" bekanntgegeben. Auf ihr finden sich sechs Namen: 

  • Martina Hefter für "Hey, guten Morgen,wie geht es dir?"
  • Maren Kamen für "Hasenprosa"
  • Clemens Meyer für "Die Projektoren"
  • Ronya Othmann für "Vierundsiebzig"
  • Markus Thielemann für "Von Norden rollt ein Donner"
  • Iris Wolff für "Lichtungen".

Nicht mehr dabei sind Stefanie Sargnagel ("Iowa")  und Michael Köhlmeier ("Das Philosophenschiff"), sowie der Grazer Max Oravin ("Toni & Toni"), die sich noch auf der "Longlist", der früheren Vorauswahl, gefunden hatten. Damit ist der österreichische Literaturbetrieb nicht mehr im Bewerb vertreten. Im Vorjahr hatte der in Wien lebende Autor Tonio Schachinger noch mit seinem Roman "Echtzeitalter" den Buchpreis für sich reklamieren können. Seine Coming-of-Age-Geschichte, die in einem klar ans Wiener Theresianum angelehnten Schulbetrieb spielte, strotzte auch vor Wiener Spezifika. 

Der Deutsche Buchpreis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels alljährlich auf der Frankfurter Buchmesse - heuer am 14. Oktober - vergeben. Der Preisträger oder die Preisträgerin erhält 25.000 Euro, die übrigen fünf Autor*innen der Shortlist werden mit jeweils 2500 Euro prämiert.

„Für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024 haben wir Romane ausgewählt, die auf neue Weise Licht und Dunkel unserer jüngeren Geschichte erkunden, die auch erzählerisch Grenzen überwinden und dabei große literarische Abenteuer sind“, sagte Jurysprecherin Natascha Freundel. Jedes Buch sei formal wie inhaltlich einzigartig. Erstlingswerke sind auf der Shortlist nicht mehr vertreten, unter den 20 Romanen der Longlist waren es noch drei. Einige der nominierten Autorinnen und Autoren sind schon mehrfach preisgekrönt.

Die Nominierten im Detail

Zu den bekanntesten Namen zählt Clemens Meyer, der mit seinem Roman „Im Stein“ schon einmal in der engeren Auswahl um den Deutschen Buchpreis stand. Er gewann mit dem Erzählband „Die Nacht, die Lichter“ bereits den Preis der Leipziger Buchmesse. In seinem Werk „Die Projektoren“ geht es um die Kriege in den 1990er-Jahren im damaligen Jugoslawien, aber auch um die Karl-May-Filme, die einst dort in den 1960r-Jahren auf dem Gebiet des heutigen Kroatien gedreht wurden. „'Die Projektoren' ist ein Roman, der seine Leser*innen fordert, der gezielt überfordert, der überwältigt in seiner Stofffülle“, schreibt die Jury über das Buch.

Iris Wolff bettet ihren Roman „Lichtungen“ in die europäische Geschichte Ende des 20. Jahrhunderts ein, als der Eiserne Vorhang zwischen Ost und West gefallen ist. Die beiden Hauptfiguren stammen wie die Autorin aus der Region Siebenbürgen in Rumänien und erleben den Umbruch sehr unterschiedlich. „Mit großer Sensibilität und hoher Raffinesse wird diese Coming-of-Age-Story und Liebesgeschichte im Krebsgang erzählt, werden die Brüche der beiden Lebenswege herausgearbeitet und die Figuren in ganz konkreten Räumen und Landschaften verankert“, so die Jury.

Ronya Othmann thematisiert in „Vierundsiebzig“ den Genozid an den Jesiden und macht sich auf die Spuren des Verbrechens der Terrororganisation Islamischer Staat. „Sie besucht die Schauplätze der Massaker, die Flüchtlingscamps, die Gedenkstätten. Sie lässt jene, die der Mordlust des IS nur knapp entfliehen konnten, zu Wort kommen“, hält die Jury fest. Othmann mische dabei Gattungen und Erzählformen wie Reisereportage, Gerichtsprotokoll, historische Exkurse und Autobiografisches.

In Markus Thielemanns zweitem Roman „Von Norden rollt ein Donner“ geht es unter anderem um ein fast vergessenes KZ. Protagonist der Geschichte ist der 19-jährige Jannes, der in der Tradition von Vater und Großvater eine Schafherde durch die Lüneburger Heide treibt. „Markus Thielemann hat einen atmosphärisch dichten und sprachlich kraftvollen Anti-Heimatroman geschrieben, in dem Archaik und Moderne aufeinandertreffen und die Geister der Vergangenheit durch das trügerische Idyll der Lüneburger Heide spuken“, erklärt die Jury.

„Hasenprosa“ von Maren Kames ist eine fantastische wie skurrile literarische Reise. Es geht um einen Hasen als Begleiter, der sich laut Jury als eine Mischung aus Anarchist und kleinlichem Buchhalter aufführt. „Diese eigensinnige Reise nistet sich ein im Gemüt der Lesenden und lässt einen erheitert, alltagsertüchtigt und beglückt zurück. Sie packt unseren Lachnerv mit beiden Pfoten - und leichtfüßig hüpft sie jedem dumpfen Realismus davon.“

Martina Hefter erzählt in „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ von der Performancekünstlerin Juni, die sich irgendwie durchs Leben schlägt. Zwischen ihr und einem sogenannten Lovescammer, der es eigentlich nur auf ihr Geld abgesehen hat, entwickelt sich über die sozialen Netzwerke ein Austausch über das wahre Leben und echte Liebe. „Martina Hefter erzählt von Junos Zerrissenheiten auf beeindruckende Weise: alltagsnah und reflektiert, lebensklug und poetisch, zart und unsentimental.“