Kultur

Ein Nestroy, wie aus dem Schulbuch entsprungen

Vom Premierenpublikum wurde die Inszenierung von Nestroys "Der Zerrissene" mit großem Jubel angenommen. Ein guter Teil dieses Jubels galt wohl der wunderbaren Marianne Nentwich, die nach 50 Jahren an der Josefstadt zur Doyenne des Hauses ernannt wurde.

Michael Gampes Inszenierung macht im ersten Teil Anstalten, modern zu sein, wirkt dabei aber seltsam leblos – Mut ersetzt noch keine Ideen. Nach der Pause verlässt Gampe der Mut auch noch, er inszeniert einen Schulbuch-Nestroy – und die Stimmung im Publikum bessert sich schlagartig.

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Beidl/Seidl

Besonders viel Begeisterung löst ein von Nicolaus Hagg getextetes Couplet aus, in dem von Botox bis zur Zentralmatura kein aktuelles Thema ausgelassen wird (und in dem sich "Da Hitler is a Beidl" auf "a Film vom Seidl" reimt).

Michael Dangl könnte ein wunderbarer Herr von Lips sein. Die junge Martina Ebm ist eine zum Glück nicht zu süßliche Kathi (warum sind eigentlich alle Frauen bei Nestroy, abgesehen von Salome Pockerl, so blutleer?). Siegfried Walther und Martin Zauner bedienen als Krautkopf und Gluthammer die Schenkelklopf-Reflexe.

Fazit: Diese Aufführung wird sich im Abonnement gut machen. Mit Georg Schmiedleitners brillanter, mutiger, tief trauriger Burg-Inszenierung von 2001 (mit Karlheinz Hackl) darf man sie aber nicht vergleichen.

KURIER-Wertung:

Info: Alle Termine von "Der Zerissene" finden Sie hier.