Kultur

Der Wille zählt fürs Werk

Jeder Mensch hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen." So steht es geschrieben in Artikel 27 der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen.

Was das mit Shakespeares "Der Sturm" und mit Clemens Mädges "Sturm"-Paraphrase "Ausnahmezustand Mensch Sein" zu tun hat? Sehr viel. Denn Mädges Shakespeare-Überschreibung am Volkstheater ist eine Koproduktion mit dem Kunstsozialraum Brunnenpassage und allein deshalb von Bedeutung.

Eindrücke aus dem Stück

Alle Inhalte anzeigen

Kunst für alle

2007 in einer ehemaligen Markthalle am Wiener Brunnenmarkt gegründet, bietet die Brunnenpassage jährlich an die 400 Veranstaltungen an. Ziel ist es, alle Bevölkerungsschichten in die Kultur einzubinden, allen ein kulturelles Betätigungsfeld zu ermöglichen.

An die 30 Darsteller (mit oder ohne Migrationshintergrund) sind also unterwegs, wenn es auf der kargen Bühne (Viva Schudt) des Volkstheaters stürmisch wird; Schauspieler Karl Markovics hat dieses Projekt begleitet und bei der Premiere auch eine kleine Einführung in Shakespeares Drama gegeben.

Denn dieses sieht man in der Inszenierung von Daniel Wahl nicht. Ja, es geht um Prospero, der auf seiner Insel lebt. Ja, es gibt auch den Luftgeist Ariel, das Monster Caliban, Miranda und Ferdinand – sie alle kommen vor in Prosperos Kopf. Aber es geht in dieser Adaption – Mädge liebt chorische Textflächen – auch um die Menschen, die in die verschiedenen Rollen schlüpfen, um deren Schicksale, deren Suche nach Liebe, Heimat, einem besseren Leben. Immer wieder tritt einer der vielen Laien hervor, Männer spielen Frauen, Frauen spielen Männer, die Geschlechter sind aufgehoben, die Rollenbilder ebenso. Wer ist Prospero, wer bin ich? Das scheint diese Produktion hinterfragen zu wollen. Die Antwort muss jeder für sich finden.

Szenisch setzt Regisseur Daniel Wahl auf ein paar Zutaten des sogenannten "Regietheaters", lässt seine Darsteller in Regenmäntel oder Alltagskleidung gehüllt (Kostüme: Viva Schudt, Katharina Kappert) auch im Wasserbecken plantschen. Dazu gibt es Live-Musik des (sehr guten) DJing-Kollektivs Brunnhilde (sic!) und mehrsprachige Betrachtungen über Sein und Schein.

Am Ende siegt das Sein. Denn die Kunst muss möglich sein. Und zwar für alle.