Kultur

"Der Butler": Ein Diener weißer Herren

Von den blutigen Baumwollfeldern bis zu Barack Obamas „Yes, we can“ ist es ein weiter Weg. Fast zu viel für ein Menschenleben.

Als kleiner Bub musste Cecil Gaines noch mitansehen, wie sein Vater vom Plantagenbesitzer in South Carolina kalt abgeknallt wurde. Am Ende seines Lebens besucht er den ersten schwarzen US-Präsidenten Obama im Weißen Haus – als Ehrengast. Dort hatte er sein ganzes Leben als Hausbutler der Präsidenten gearbeitet: von Dwight David Eisenhower bis hin zu Ronald Reagan.

Diesen Diener vieler weißer Herren gab es wirklich. Eugene Allen arbeitete als Butler für sieben US-Präsidenten und wurde anlässlich der Kandidatur von Obama von einem Journalisten der Washington Post entdeckt.

Seinen schmerzhaften Marsch durch die rassistische Geschichte übernahm Forest Whitaker, der als Cecil Gaines mit seinem stoisch-heroischem Gesichtsausdruck auch noch den kleinsten Gefühlsregungen Ausdruck verleiht. Nun hat der afroamerikanische Regisseur Lee Daniels mit Filmen wie „Precious“ und „Paperboy“ seine Liebe für triefendes Melodram und einen lustvollen Hang zum Trashigen bewiesen. „Der Butler“ erscheint da vergleichsweise glattgebügelt. Lee erzählt konventionell, oft am Rande zur Sentimentalität. Doch mit einem Händchen für Zeitkolorit und einem ausgeprägten Sinn für dramatische Details beflügelt er auch noch längst auserzählte Stationen der US-Geschichte.

Zwei Gesichter

Ein schwarzer Butler brauche immer zwei Gesichter, heißt es am Anfang: eines, das er sich für den Weißen und dessen Befehle zurechtlegt. Und ein privates, das er für sich behält. Einen doppelten Modus legt Daniels auch für seine Erzählung an: Er parallelisiert Cecils stummes Dienen mit der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung. Während Cecil im Weißen Haus Ordnung hält, durchbricht sein Sohn Louis die rassistische Ordnung. Im Speisesaal des Präsidenten wird Silber poliert, im Restaurant in Memphis schwarze Besucher verprügelt. Diese wenig subtilen Parallelschaltungen verkünden klare moralische Botschaften. Auch grenzt sich Lee von radikaleren schwarzen Politbewegungen ab schlägt insgesamt einen versöhnlichen Geschichtston an. Dass er politische Konflikte in den familiären Bereich verlagert und zwischen Vater und Sohn aushandelt, kann man ihm ebenfalls vorhalten. Gleichzeitig aber entfacht er immer wieder ungeahnte Energien. Wenn Bürgerrechtskämpfer vom rassistischen Ku-Klux-Klan angegriffen und dabei fast gelyncht werden, befeuert Daniels seine Bilder mit schwelender Wut.

Oprah Winfrey

Auch kann Daniels gerade über das Private immer wieder hervorragend Nuancen setzen. Was es heißt, als Schwarzer in einem Raum atmen zu müssen, ohne dass es einem Weißen auffällt – Forest Whitaker macht diesen unsichtbaren Druck spürbar.

Und wenn die unverwüstliche Oprah Winfrey als Cecils Ehefrau in den 70er-Jahren das Disco-Outfit anlegt, atmen Lees räudig-schöne Bilder das Aroma privater Alltagsgeschichte.

Die Rollen der US-Präsidenten sind unterhaltsam mit Hollywood-Stars besetzt, mit denen man am wenigsten rechnet: Komiker Robin Williams schickt als Eisenhower die nationale Garde nach Little Rock, um dort den Schulbesuch schwarzer Kinder zu ermöglichen. Die formidable Jane Fonda erweist sich als eine hervorragende Nancy Reagan.

Im Weißen Haus gebe es keine Politik, wird Cecil Gaines zu Beginn einmal angeherrscht. Dafür beendet Daniels seine Geschichtsstunde triumphal im US-Heroismus der Obama-Wahl.

KURIER-Wertung:

INFO: "Der Butler". USA 2013. 132 Min. Von Lee Daniels. Mit Forest Whitaker, Oprah Winfrey, Lenny Kravitz

Kaum hatte Regisseur Abdellatif Kechiche gemeinsam mit seinen beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos in Cannes die Goldene Palme gewonnen, gingen die Streitereien schon los. Ohnehin war das intensive Lesbendrama schon aufgrund seiner expliziten Sexszenen in aller Munde. Die Schauspielerinnen hatten nicht nur davon, sondern auch allgemein von Kechiches obsessivem Regiestil zu berichten – von bis zu hundert Takes pro Einstellung, auch brüllend. Kechiche fühlte sich verletzt und schlug zurück.

Was bleibt, ist ein leidenschaftliches Coming-of-Age-Drama, in dem sich die 17-jährige Adèle in Emma verliebt. Diese erste große Liebe wie auch deren Zerbrechen schlagen mit unglaublicher Wucht in Adèles Leben ein.

Kechiche aber lässt seine Szenen ausfransen, findet kein Ende und ist oft weniger genau in seinen Beobachtungen als es den Anschein hat. Doch dieser unfassbare Riss, den ein Liebesbruch hinterlässt – den macht er in seiner unendlichen Schmerzhaftigkeit brennend spürbar.

KURIER-Wertung:

INFO: "Blau ist eine warme Farbe". Drama. F/BL/E 2013. 179 Min. Von Abdellatif Kechiche. Mit Adèle Exarchopoulos, Léa Seydoux.

In Teil zwei der Latino-Exploitation-Blutorgie „ Machete“ setzt Trash-Meister Robert Rodriguez („Sin City“) auf bewährte Zutaten: Scharfe Klingen, Büstenhalter-Maschinengewehre, sowie Unmengen an Blut und Beuschel.

Machete Cortez (Danny Trejo) agiert erneut als knallharter, unkaputtbarer Rächer. Die Tötungsarten sind diesmal aber noch irrwitziger, der Titelheld noch wortkarger („Machete twittert nicht“) und die Stardichte wesentlich höher. Um all die Personen unter einen Hut zu bringen, wurde eine seltsam verworrene James-Bond-Story gebastelt.

Charlie Sheen als US-Präsident

Gleich zu Beginn – nachdem man gerade erst den Fake-Trailer „Machete kills again … in Space“ verarbeitet hat – gerät der Machetenschwinger zwischen drei verschiedene Banden, die sich gegenseitig umnieten. Dabei kommt auch Machetes Gefährtin Sardana (Jessica Alba) zu Tode. Machete, der nur schwer über den Verlust hinwegkommt, wird in weiterer Folge zum US-Präsidenten abkommandiert (Charlie Sheen - unter seinem Geburtsnamen Carlos Estevez - spielt trotz präsidialer Rolle wieder einmal Charlie Sheen). Als Präsident beauftragt er Machete damit, einen durchgedrehten mexikanischen Revolutionär (Demián Bichir) zu erledigen, der mit einer Atomrakete Washington D.C. bedroht. Alles klar? Keine Sorge, es wird noch viel unübersichtlicher.

Einige verschrottete Motorboote, Hubschrauber und Autos, sowie gefühlte hundert Leichen später, betritt ein noch mächtigerer Oberbösling die Szenerie. Mel Gibson mimt den verrückten Milliardär und „Star-Wars-Fan“ Voz, der hinter all dem Gwirks steckt und Machete auf seine Seite ziehen will.

Lady Gaga als Killer-Chamäleon

Auch ein äußerst wandelbarer Auftragskiller mischt mit. Diese Rolle muss sich Walter Goggins mit gleich drei absoluten Stars teilen: Antonio Banderas, Cuba Gooding Jr. und Lady Gaga (die Echte) spielen die verschiedenen optischen Variationen des „Chamäleons“. Wir haben es bereits erwähnt: In „Machete Kills“ müssen viele Namen untergebracht werden.

Dazu kommt noch die blonde „Miss San Antonio“ (Amber Heard), welche Machete ein Bond-artiges Arsenal (u.a. Smartphone mit eingebautem Messer) sowie ihre eigenen Waffen präsentiert. Schließlich darf auch Michelle Rodriguez als „Luz“ wieder mitmischen. Was die Handlung betrifft, ist mittlerweile jede Beschreibung zwecklos.

Fans von „Machete“ werden auch den zweiten Teil wegen seiner trashig-parodistischen, bis ins Unwirkliche überdrehten Gewaltszenen lieben. Sie werden sich aber auch fragen, warum man darum herum eine derart ausufernde Geschichte bauen musste.

KURIER-Wertung:

INFO: "Machete kills". USA/RUS 2013. 107 Min. Von Robert Rodriguez. Mit Danny Trejo, Mel Gibson, Carlos Estevez (Charlie Sheen), Michelle Rodriguez, Lady Gaga, Antonio Banderas, Cuba Gooding Jr.

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KURIER-Wertung:

INFO: "Bad Fucking". Satire. Ö 2013. 108 Min. Von Harald Sicheritz. Mit Wolfgang Böck, Adele Neuhauser, Michael Ostrowski.

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