Kultur

Das Café Planet im Mikrokosmos der Leopoldstadt

Veza Canetti, 1897 in Wien geboren, war die erste Frau von Elias Canetti, sie war seine Muse und Lektorin. Vor der Flucht nach London lebte sie im jüdischen Ghetto, in der Ferdinandstraße, die wegen der Lederhändler die "Gelbe Straße" genannt wurde, und sie beschrieb die Schicksale der Menschen rund um das Café Planet, deren kleine Welt von der Wirtschaftskrise geprägt ist.

2014 brachte Julia Reichert, Prinzipalin des Kabinetttheaters in der Porzellangasse, "Die Gelbe Straße" als Figurenspiel heraus – in einer Bühnenfassung von Helmut Peschina; und nun wurde die unglaublich liebevolle wie detailreiche Umsetzung wiederaufgenommen.

Quasi aus der Vogelperspektive wirft man als Beobachter einen Blick in die stark verkleinert nachgebaute Straße, in der die herrische Runkel, im Kinderwagen kauernd, eine Trafik und eine Drogerie betreibt. Reichert war aufgefallen, dass einige der Charaktere im Roman Tiernamen haben: Herr Vlk (tschechisch: Wolf), Herr Kater oder Herr Tiger. Und so gestaltete sie die Puppen und Figuren als Tiere. Der "Rote Gustl" ist ein eleganter Affe, Frau Hatvany ein Schwein mit leicht nationalsozialistischem Outfit, die Dienstbotin Anna ein treues Schäfchen – und die Runkel eine fette Kröte. Sie erstickt zum Schluss an ihrem Geiz.