Kultur

Daniel Craig: Drehe "vielleicht" noch einen Bond

Craig, Daniel Craig ist zurück als Bond, James Bond: "Spectre" (Filmstart: 6.11.) feiert am Montag Weltpremiere in London. Neben Craig finden sich im internationalen Ensemble auch Oscarpreisträger Christoph Waltz als Bond-Bösewicht sowie Léa Seydoux und Monica Bellucci als Bond-Damen.

Nach dem Mega-Erfolg des letzten Bond-Films "Skyfall" übernahm wieder Sam Mendes die Regie. Erneut liefert er in "Spectre" einen fulminanten Auftakt, der weiter in Bonds Vergangenheit führt. Mendes unterfüttert den mit 148 Minuten bisher längsten Bond-Film mit Vintage-Verweisen auf die Bond-Klassiker, kann aber am Ende ein Gefühl der Erschöpfung nicht vermeiden.

Daniel Craig aber hat sich wieder von den Dreharbeiten erholt und befindet sich bei bester Laune. Ein Gespräch über Bond, die Frauen und das normale Leben.

KURIER:Mr. Craig, "Spectre" steht kurz vor der Premiere. Wie sieht es heute für Sie aus: Werden Sie die Rolle des James Bond noch einmal spielen – oder sich lieber die Pulsadern aufschlitzen, wie Sie in einem Interview angedroht haben?

Daniel Craig: Als man mich zwei Tage nach Drehschluss fragte, ob ich Lust auf einen weiteren Bond-Film hätte, habe ich mich tatsächlich so gefühlt. In diesem Moment dachte ich nur: "Noch einen Bond? Jetzt? Pffffhhh... Nein." Aber wer weiß. Wenn Sie mich heute fragen, kann ich nur sagen: Ehrlich, ich weiß es nicht. Was sagen Sie? Soll ich noch einen drehen? Ja? Okay. Vielleicht.

Was ist Ihnen bei Ihrem Bond besonders wichtig?

Ich wollte ihn immer so menschlich und so real wie möglich halten. Natürlich weiß jeder, dass er am Ende des Tages der Held der Geschichte sein wird. Aber bis es so weit ist, passiert bekanntlich sehr viel. Und mir geht es darum zu zeigen, wie ihn diese Ereignisse berühren. Gleichzeitig will ich auch Spaß mit dieser Figur haben. In einem Bond-Film läuft ja vieles mit Augenzwinkern ab, man trägt immer fabelhafte Klamotten ... In "Spectre" hatte ich mehr Spaß denn je, und ich glaube, das spürt man auch beim Zusehen.

Es gibt wieder unglaubliche Actionszenen. Denken Sie manchmal: "Das schaff ich nicht?"

Ich habe mittlerweile genügend Selbsteinschätzung, um sagen zu können: "Leute, diese Actionszene würde ich gerne selbst machen, aber ich weiß, dass es besser aussehen wird, wenn es mein Stuntman übernimmt." Aus dem einfachen Grund, weil er wahrscheinlich jünger ist und sich besser abfedern kann. Ich will, dass alles in dem Film toll aussieht – und so treffe ich auch meine Entscheidungen. Aber natürlich möchte ich auch mein Gesicht so oft wie möglich drinnen haben.

Was waren für Sie die größten Herausforderungen?

Ich muss sagen, ich war größere Höhen nicht gewöhnt, aber für die Bond-Filme muss man das echt lernen. In "Casino Royale" fand eine Verfolgungsszene auf einem sehr hohen Baugerüst statt. Natürlich war ich gesichert, und wäre ich abgestürzt, hätte ich mich zwar blamiert, wäre aber nicht gestorben. Trotzdem war es sehr beunruhigend. Oder in "Ein Quantum Trost": Da musste ich mich aus einem Fenster auf einen fahrenden Bus werfen – natürlich auch mit Seil, aber alle Warnsignale im Kopf schalten auf Rot und rufen: "Tu’s nicht!" Beim vierten Mal hat es mir dann schon fast Spaß gemacht. (lacht).

Die Eröffnungsszene von "Spectre" ist rasant: Sie spielt in Mexiko City während des Volksfests "Tag der Toten".

An der Szene habe ich zwei Wochen lang gedreht. Es gibt da diese lange Kamerafahrt am Anfang, die in ein Gebäude hinein- und dann wieder hinausführt. Außerdem hatten wir über 2000 Komparsen, die alle enthusiastisch mit gearbeitet haben – und jeder, der einmal auf einem Filmset war, weiß, wie langweilig das werden kann. Auch bei der Actionszene mit einem Hubschrauber hatten wir Glück, weil uns die Behörden erlaubten, sehr tief zu fliegen. Es war eine unglaubliche Erfahrung.

Wie gefällt Ihnen Christoph Waltz als Bond-Bösewicht?

Er ist ein hervorragender Schauspieler und wir haben großes Glück, dass er dabei ist. Er ist ein Meister des Sinistren, und er schien die bestmögliche Besetzung. Man kann auch herrlich mit ihm zusammenarbeiten, weil er so brillant spielt.

Wie würden Sie das Verhältnis von Bond zu den Frauen beschreiben? Mit Monica Bellucci gibt es erstmals eine Bond-Gespielin, die mit 50 älter ist als Bond (Craig ist 47, Anm.) selbst.

Monica Bellucci ist wunderschön und talentiert – was soll daran verwerflich sein? Aber ich weiß natürlich, was Sie meinen: Die Welt hat sich verändert und ist nicht mehr so ungeheuerlich sexistisch wie noch in den 60er- Jahren. Bond selbst steht noch mit einem Fuß in dieser Zeit und muss sich gleichzeitig mit starken Frauen konfrontieren. Ich finde es auch viel mehr sexy, wenn nicht nur er der Dominante ist.

Sie werden bei "Spectre" auch als Ko-Produzent genannt. Wie wichtig ist das für Sie?

Unglaublich wichtig. Ich empfinde es als den Höhepunkt meiner Karriere. Verstehen Sie mich nicht falsch, es ist wunderbar, Bond zu sein, aber es macht mich sehr stolz, mit all den anderen genannt zu werden, die ebenfalls am Film gearbeitet haben. Dazu muss man sagen, dass zu Beginn mein Job darin bestand, fünf Mal am Tag den unentschlossenen Sam Mendes anzurufen und zu drängen: "Bitte, sag ja!"

Inwiefern hat James Bond Ihr Leben verändert?

Unermesslich. Aber im Inneren bin ich noch dieselbe Person wie vor zehn Jahren – und das soll auch so bleiben. Deswegen versuche ich, mein Privatleben, so weit es geht, privat zu halten. So wunderbar die Bond-Welt mit allem, was dazugehört, auch ist, es ist dem normalen Leben nicht zuträglich. Und ich mag’ das normale Leben lieber.

Der britische Oscar-Preisträger Sam Mendes ("American Beauty") ließ sich sehr bitten, noch einmal einen Bond-Film zu drehen. Nachdem er mit "Skyfall" (2012) einen Mega-Hit gelandet hatte, galt er für alle Bond-Beteiligten als der beste Mann für den Nachfolge-Film "Spectre". Doch Mendes wollte zuerst nicht: "Die Dreharbeiten von ,Skyfall‘ waren so aufreibend und erschöpfend, dass ich keinen Gedanken an einen neuen Bond verschwenden wollte", erzählt Mendes (50) im KURIER-Interview: "Außerdem hatte ich mich für eine Theaterproduktion verpflichtet."

Doch nachdem ihn Daniel Craig ausführlich bekniete (und wahrscheinlich der Gehaltscheck mit einer satten Summe winkte), überlegte es sich Mendes anders: "Nach einer halbjährigen Pause hatte ich plötzlich wieder neue Ideen für einen weiteren Bond-Film", so der Regisseur: "Und außerdem hatte ich das Gefühl, dass dieser Film in gewisser Weise auch mir gehört: Die Neubesetzung wichtiger Figuren – der neue M, der neue Q, die neue Moneypenny – ist von mir. Und dann habe ich mich gefragt: Wäre ich eifersüchtig, wenn jemand anderes den neuen Bond-Film drehen würde? Die Antwort war: Ja. Daher habe ich mich entschlossen, eine weitere Geschichte zu erzählen."

Außerdem fühle er sich stark mit Daniel Craigs "Bond" verbunden: "Es gibt vieles an dieser Figur, womit ich mich identifizieren kann, und das hat mir sehr bei der Arbeit geholfen."

Während Mendes in "Skyfall" eine sehr düstere Seite in Bonds persönlicher Vergangenheit aufschlug, sollte sich "Spectre" klar von seinem Vorgänger abheben: "Ich wollte, dass der Film romantischer, verschmitzter, variationsreicher wird als der letzte, und trotzdem eine seriöse Geschichte erzählt."

Bei der Wahl des Bond-Bösewichts brauchte Mendes nicht lange zu fackeln: "Christoph Waltz lieferte wohl den besten Beweis seines Könnens in Tarantinos ,Inglourious Basterds‘. Ihn als Bösewicht auszuwählen, war geradezu naheliegend. Sowohl er als auch Javier Bardem – der Bösewicht aus ,Skyfall‘ – sind Oscarpreisträger und finden beide nichts dabei, in einem Bond-Film aufzutreten. Daran merkt man, wie viel Prestige diese Filme heutzutage haben."

Auch bei der Wahl seiner Bond-Frauen, zeigt sich Mendes treffsicher. Als ihn Monica Bellucci, die eine Liebesszene mit James Bond hat, darauf aufmerksam machte, dass sie älter sei als Daniel Craig, war er zuerst baff, dann erfreut ("Das wird interessant!").

Bikini

Tatsächlich bemühe er sich bewusst darum, die Bond-Frauen zu emanzipieren: "Ich versuche, Figuren zu entwerfen, die mit Bond auf Augenhöhe sind. Bei mir gibt es keine Mädchen, die bewundernd zu Bond aufschauen und ansonsten im Bikini herumlaufen. Aber das heißt nicht, dass sie nicht trotzdem unglaublich schön, sexy und intelligent sind."

Mega-Hit

"Spectre", der 24. James-Bond- Film und vierte Bond von Daniel Craig, ist mit 148 Minuten der längste Bond-Film der Geschichte und mit einem Budget von kolportierten rund 250 Mio. Dollar wohl auch der teuerste. Der Vorgänger von "Spectre", "Skyfall" – ebenfalls von Sam Mendes – spielte mehr als eine Milliarde Dollar ein.

Locations

Der profilierte Kameramann Hoyte van Hoytema filmte auf 35-mm-Film; die Dreharbeiten fanden neben London, Mexico City und Rom auch in Österreich statt – etwa rund um Sölden, Obertilliach und Altaussee.