"Curated By": Wie Bilder zirkulieren und Galerien Sog erzeugen
Von Michael Huber
Anders als die Museen, die Kunsthalle oder die Secession wird Wiens Galerienszene selten als Institution wahrgenommen. Und das, obwohl sie ständig Künstlerkarrieren fördert, über Messen und Leihgaben Kulturexport betreibt und auch vor Ort für Umsatz und Besucherfrequenz sorgt. In welchem Ausmaß, ist mangels zentraler Zählung schwer zu beziffern, unterschätzen sollte man den Effekt aber nicht.
Das Podest, das Wiens Gegenwartskunst-Schauplätzen nun schon zum elften Mal gebaut wird, heißt „Curated By“: Galerien blicken dabei über den Tellerrand und lassen externe Kuratoren eine Ausstellung gestalten, es gibt ein Generalthema und Vermittlungsprogramme. Das Fest läuft bis 12.10., einzelne Beiträge sind länger zu sehen.
„Circulation“, Zirkulation, heißt das Schlagwort heuer, und selbst die Kunsthallen-Kuratorin Vanessa Joan Müller vermutet in ihrem Impulstext, es sei „für die bildende Kunst vielleicht ein fast zu selbstverständlicher Begriff“: Die Pflege beruflicher Netzwerke, gegenseitiges Zitieren und das Recycling von Bildern verschiedener Herkunft gehört ja zur Standard-Praxis des Kunstbetriebs. Doch schon der Besuch einiger der 22 Galerien zeigt, dass der Impuls geistreiche Echos hervorzurufen vermag.
Die Galerie Christine König präsentiert etwa die slowenische Gruppe IRWIN: Sie ist personell u. a. mit der Rocktruppe Laibach vernetzt und sieht ihre Mission darin, Bilder durch verschiedene Kontexte rotieren zu lassen. Klassiker der Moderne wie das „Schwarze Quadrat“ von Kasimir Malewitsch werden da zum Hitlerbärtchen umgedeutet oder finden sich als „Trophäen“ neben präparierten Wildschwein- und Hirschköpfen wieder.
Netzwerke
Sammler können die Stücke erwerben – doch wie die Galeristen gern betonen, ist „Curated By“ nicht auf rasche Verkäufe ausgelegt. Als Gelegenheit zum Kontakt mit neuen Künstlern, Kuratoren und Publikum hat sich das Festival allerdings so gut bewährt, dass die Galeristen die Organisation der Veranstaltung, die lange von der Wirtschaftsagentur getragen wurde, heuer zum zweiten Mal selbst stemmen. 21 Teilnehmer erhalten dabei je 9.000 Euro aus Wiens Kulturbudget, eine 22. Galerie wurde durch Sponsoren möglich. Drei langjährige Teilnehmer machten Platz, damit Vertreter der jüngeren Generation zum Zug kamen.
Auch wenn Ihr Autor den Weg zu den Newcomern (u.a. „Gianni Manhattan“ und „Vin Vin Gallery“, beide im 3. Bezirk) noch vor sich hat: Es ist spürbar, dass sich Galerien bei „Curated By“ noch ein bisschen mehr trauen als sonst. So holt Kurator Paul Clinton in der Galerie Emanuel Layr heftige schwule Bildwelten vor einen Vorhang; Adam Budak inszeniert in der Galerie nächst St. Stephan ein surreales Bild- und Objekttheater. Selbst dort, wo weniger neue Netzwerke geknüpft als bestehende gepflegt werden, entsteht Sehenswertes: Etwa eine feine Schau zu Oswald Oberhuber und seinen Geistesverwandten in der Galerie Hilger, kuratiert vom einstigen Kunsthallen-Chef Gerald Matt.