Kultur

Cid Rim: "Pasta braucht nicht viele Zutaten"

"Ich habe alles, was ich konnte, in dieses Album gesteckt", schreibt Clemens Bacher alias Cid Rim auf seiner Facebook-Seite am Tag der Veröffentlichung von "Material". Und der Einsatz hat sich – so viel sei vorweggenommen – ausgezahlt. Der 32-jährige Schlagzeuger aus Wien zählt zu den produktivsten und auch talentiertesten Produzenten, die die österreichische Elektronikszene zu bieten hat – und die hat zurzeit Einiges zu bieten.

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Denn nach dem Ende des Downtempo-Zeitalters Anfang der Nullerjahre und einem folgenden Tiefpunkt der heimischen Musikszene geht es seit geraumer Zeit nicht nur im Pop-Rock-Bereich (Bilderbuch/Wanda) bergauf, sondern auch in jener Nische, die man unter dem Sammelbegriff "Electronica" subsumieren kann.

Höhenflug

Verantwortlich für den aktuellen Höhenflug sind Bands wie Leyya, Mynth, die mit "Parallels" Ende November ihr neues, zweites Album vorlegen werden, und Musiker wie Wandl, Koenig und Dorian Concept.

Letzterer ist auch seit Jahren ein guter Freund von Cid Rim. Man kenne sich seit der Jugend, sei in die gleiche Schule gegangen und habe sich später auch zur Band JSBL zusammengeschlossen.

"Wir tauschen uns regelmäßig aus, spielen uns neue Songs vor und helfen uns gegenseitig beim Produzieren weiter", sagt Cid Rim im KURIER-Interview. Trotz dieses regen Austausches sei es wichtig, dass "jeder seinen eigenen, eigenständigen, unverkennbaren Sound entwickelt".

An seiner musikalischen Handschrift arbeitet Cid Rim seit rund zehn Jahren. 2010 legte er mit "Full Nelson" seine erste EP als Solokünstler vor, die ihm dann auch gleich einen Plattenvertrag beim renommierten schottischen Label Lucky Me einbrachte. Dort veröffentlichte er 2012 dann auch ein viel beachtetes und selbstbetiteltes Mini-Album. Danach trat er als Kollaborateur in Erscheinung und fertigte Remixe für Bands wie Chvrches und Darwin Deez an. Sein Zugang zur Musik habe sich in den vergangenen Jahren zwar laufend verändert, aber nicht so gravierend, dass man seinen Sound nicht mehr erkennen würde. "Ich arbeite fast immer mit denselben Instrumenten, mache mit minimalistischen und simplen Mitteln Musik. Dadurch verändert sich mein musikalischer Output auch nicht sprunghaft", erklärt er.

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Gute Pasta

Bei der Produktion geht er nach dem Motto "keep it simple" (zu Deutsch: "halte es einfach") vor. "Mir geht es darum, die Essenz herauszudestillieren. Dabei hat mich schon immer die Perfektionierung einfacher Dinge interessiert. Das ist auch beim Kochen so. Eine gute Pasta braucht auch nicht mehr als drei, vier Zutaten."

Die Verschlagwortung seiner Musik überlässt er lieber anderen. Was er trotzdem sagen kann, ist, dass das Album ein Potpourri der musikalischen Einflüsse ist, die ihn bislang beschäftigt haben. Von der ersten Hip-Hop-Platte als Teenager bis zur kompletten Jazz-Geschichte, mit der er sich seit geraumer Zeit auseinandersetzt.

"Ich wollte auf der Platte alles abdecken, was mein musikalisches Interesse widerspiegelt", sagt er. Dabei folge er einer klaren Linie, einem roten Faden, um den herum er seine ausgetüftelten Arrangements baut, die gerne überschwänglich daher kommen.

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Auf "Material" tischt Cid Rim eine unglaubliche Bandbreite an elektronischen Sounds auf. Er zeigt, welche Möglichkeiten einem die zahlreichen Musik-Erstellungsprogramme am Computer bieten. Das Ergebnis klingt teilweise so, als hätte der Musiker auf ein ganzes Orchester zurückgreifen können – intensiv, aber nicht zu fordernd; dicht, aber nicht zu aufgeladen; experimentell, aber nicht zu eklektisch. Es reihen sich Club-Nummern wie "Furnace" an epische, im Midtempo gehaltene Songs wie "Zünder". Letzterer ist von zahlreichen Soli (Saxofon!) durchzogen – das klingt dann so, als würde man einer Fusion-Jazzband beim Jammen zuhören.
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