Kultur

Bürgerliche Unsicherheit

Zugegeben, der Begriff „bürgerlich“ ist etwas unscharf. Dass er sich dennoch zur Beschreibung politischer Mitte-Rechts-Positionen durchgesetzt hat, dürfte auch damit zusammenhängen, dass „rechts“ und „konservativ“ (anders als „links“) eher negativ konnotiert sind.

Als Thinktank der ÖVP ist die Politische Akademie dafür zuständig, solche Begriffe mit Inhalt zu füllen. Was sie unter anderem in ihrer Reihe „Edition noir“ tut. Dort ist zuletzt der Band „Bürgerliche Impulse“ erschienen, welcher prominente Autoren des zugehörigen Biotops versammelt.

Wolfgang Schüssel macht in seinem Beitrag das Bürgerliche unter anderem an der „Ablehnung totalitärer Ideen und Utopien“ fest, zu denen er auch die radikale Klimabewegung und Autoren wie die gehypte Taz-Redakteurin Ulrike Herrmann zählt. Man müsse „solchen Stimmen dankbar sein, die schnörkellos formulieren“, worum es ihnen wirklich geht, so Schüssel: nämlich einen kompletten Systemwandel, ein „Ende des Kapitalismus“ samt „massiven Eingriffen in alle Lebensbereiche“.

Eine kluge Stimme aus Deutschland ist der Publizist und CDU-Kommunalpolitiker Ansgar Lange. Er hofft nach der „bleiernen Merkel-Zeit“ auf eine kantige, prononciert bürgerliche Politik, hat aber Zweifel, ob CDU-Chef Friedrich Merz die diesbezüglich in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen kann.

Auf ein grundsätzliches bürgerliches Dilemma hat indes der von Lange zitierte frühere FAZ-Herausgeber Joachim Fest (1926–2006) aufmerksam gemacht: „eine tiefe Unsicherheit […] das verlorene Vermögen, zu sich selbst zu stehen, Gegnerschaften zu ertragen und Kritik nicht nur auszuhalten, sondern sich und was man ist, daran zu messen“.

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