Kultur/Buch

Viele gute Jahre hatte Sigmund Freuds „Rattenmann“ nicht mehr

Der Jurist litt unter vielen Ängsten, etwa jener Angst, dass den zwei Personen, die er am meisten liebte, Schlimmes geschieht. So sehr litt er, dass er kaum denken und arbeiten konnte. Sigmund Freud (Foto oben) mochte den Patienten, der als „Rattenmann“ in die Geschichte einging. Die Zwangsneurosen von Ernst Lanzer zählen zu Freuds fünf großen Krankheitsgeschichten. 29 war Lanzer bei seinem ersten Besuch am 1. Oktober 1907. Über die erfolgreiche Behandlung ist viel publiziert worden.

Für den Kaiser

Aber erstmals gibt es eine Biografie des Wieners aus bürgerlich jüdischer Familie. Ein Zeitgenosse Musils, Kokoschkas – das macht die Lebensgeschichte noch interessanter. Als Lanzer, nun nicht mehr von Neurosen geplagt, endlich seinem Beruf nachgehen konnte, hatte er seine Anwaltskanzlei in der Bellariastraße 4. Viele Jahre blieben ihm nicht, in den Karpaten wurde er 1914 „für den Kaiser“ erschossen.

Biograf Georg Augusta ist Pychologe und Psychotherapeut in Wien, er ist kein geübter Autor. Aber er hat alles richtig gemacht. Er könnte gleich bei Lanzers Nichte Elisabeth Freundlich (1906 - 2001) weitermachen: Diese Schriftstellerin, mit dem Philosophen Günther Anders verheiratet  gewesen und gemeinsam mit ihm 1940 ins Exil nach New York gegangen, soll nicht vergessen werden.


Georg Augusta:
 „Unter uns hieß er der
Rattenmann“
Mandelbaum Verlag.
160 Seiten.
16 Euro.

KURIER-Wertung: ****