Buchkritik: Mircea Cărtărescu und "Solenoid"
Von Peter Pisa
Man ist immer auch ein Anderer, und daraus wird vielleicht eine Geschichte (da muss man gar kein Schriftsteller sein) so in der Art: Jemand läutet an der Tür, er sucht einen Farkas, man ist nicht Farkas, aber man könnte trotzdem sagen: Ja, hier bin ich ... und die Fantasie schlägt Purzelbäume.
Nabelschnur
Bei Mircea Cărtărescu (Foto oben) sind es Vierfachsalti, auf jeder der 900 Seiten. Er schaut zu, wie er NICHT Schriftsteller wurde, denn ihm war kein Talent bescheinigt worden. Er wurde deshalb Lehrer in Bukarest und schreibt für die Schublade.
Dass sich dieser „andere Cărtărescu ein Seil aus dem Nabel zieht, ist nur der surreale Vorgeschmack. Unter der traurigen rumänischen Hauptstadt sind Magnete, und wenn er über Kindheit und Freundinnen erzählt, wird er schweben, und Bukarest wird schweben.
Cărtărescu - der irgendwann den Nobelpreis bekommen wird, das trauen sich viele zu prognostizieren - will die Leser wie ein Staubsauger fangen. Drinnen wird der Wahnsinn auch unser Begleiter. Auf elfeinhalb Seiten steht nur immer wieder: „Hilfe!“ Das ist verständlich.
Mircea Cărtărescu:
„Solenoid“
Übersetzt von
Ernest Wichner.
Zsolnay Verlag.
912 Seiten.
37,10 Euro.
KURIER-Wertung: ****