Kultur

Birdy fand einsam und zweifelnd zum eigenen Sound

„Schockierend“, sagt Birdy, sei der Sound ihres Freitag erscheinenden neuen Albums „Young Heart“ für einige Leute gewesen. Darauf hat die Britin, die ihre Karriere mit 12 Jahren startete, den tieftraurigen Piano-Balladen ade gesagt und sich souligen, verträumten Songwriter-Klängen zugewandt.

„Ich habe viel Nina Simone und Etta James, aber auch Joni Mitchell und Nick Drake gehört“, erzählt Birdy im Interview mit dem KURIER. „Ich habe auch Gitarre spielen gelernt und ein paar Songs auf der Gitarre geschrieben. Dadurch hat sich automatisch ein leichterer Sound ergeben. Wenn ich Klavier spiele, werde ich sofort schwermütig. Aber nachdem das letzte Album so dramatisch war, wollte ich mit ,Young Heart’ davon wegkommen. Und der neue Sound – das bin einfach ich!“

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Deshalb ist dieses vierte Album tatsächlich Birdys bestes. Der Weg dahin war für die als Jasmine van den Bogaerde geborene Britin aber geprägt von Selbstzweifeln, die sie in dem Song „Surrender“ beschreibt. „Die Leute, die ich früher um Rat gefragt habe, konnten den neuen Sound nicht verstehen, weshalb ich alle Entscheidungen alleine treffen musste. Ich war aber immer noch mit so vielen Meinungen von so vielen Leuten konfrontiert. Deshalb gab es immer die Frage: Mache ich das Falsche? Es war ein richtiger Kampf, mir dabei selbst zu vertrauen.“

Diese vielen Meinungen waren mit ein Grund für Birdy, „Young Heart“ in Nashville aufzunehmen. „Dort herrscht eine ganz andere Atmosphäre als in London. Jeder ist Musiker und schreibt Songs und für alle ist es eine reine Herzenssache. Dort geht es nicht darum, irgendwelche Schemata zu bedienen, die gerade in den Charts reüssieren.“

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Nicht nur wegen dieser Entstehungsgeschichte ist Einsamkeit das Hauptthema des Albums. Für Birdy ist das nämlich nicht unbedingt etwas Schlimmes: „Ich bin sehr introvertiert und daher gerne alleine. Der Song ,Loneliness´ ist deshalb ein Liebeslied an die Einsamkeit. Und in ,Deepest Lonely´ beschreibe ich diese Stunden um vier Uhr früh, in denen ich oft noch wach bin und so gut Songs schreiben kann, weil alles so still ist.“

In so einer Situation hat Birdy auch das Vogelgezwitscher aufgenommen, das nach dem Song „Voyager“ zu hören ist. „Das hat nichts mit meinem Spitznamen Birdy zu tun, den ich als Kind von meiner Mutter bekommen habe. Aber ich liebe die Natur und habe dieses Vogelgezwitscher am Neujahrstag 2020 aufgenommen, als die Sonne aufging. Ich wollte die ersten Sounds des neuen Jahres einfangen.“

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Gerade hat Birdy ein erstes Post-Pandemie-Konzert für London für November angekündigt. Sie liebt es, auf der Bühne zu sein – aber nicht in jedem Aspekt. „Weil ich so schüchtern bin, ist es der reinste Terror für mich, zwischen den Songs mit den Leuten zu reden. Ich hatte das Glück, gleich mit meinem Debüt in großen Hallen zu spielen. Deshalb hatte ich aber nie die Chance, die Kommunikation mit dem Publikum in Clubs mit wenigen Leuten zu lernen und mich so daran zu gewöhnen. Ich finde das aber wichtig für die Atmosphäre einer Show, denn die Leute fühlen sich dadurch enger mit der Musik verbunden. Ich habe deshalb während der Pandemie Sachen auf Instagram gemacht, wo ich das geübt habe. Und jetzt bin ich so weit, dass ich liebend gerne auf Tour gehen würde. Das wird aber wohl erst 2022 möglich sein.“