Kultur

Befreit von einer monumentalen Last

Schon vor drei Monaten, am 4. Dezember 2014, befasste sich der Kunstrückgabebeirat mit dem "Beethovenfries" von Gustav Klimt. Doch man konnte sich zu keiner Empfehlung durchringen. Nun, in der Sitzung am 6. März, soll die Entscheidung fallen.

Die Stimmung ist angespannt. Auf der einen Seite fordern die Erben nach Erich Lederer die Restitution des 34 Meter langen Bildzyklus. Ihrer Meinung nach sei der Industrielle aufgrund des Ausfuhrverbotsgesetzes zum Verkauf an die Republik genötigt worden. Auf der anderen Seite hält die Secession die Rückgabe weder rechtlich noch moralisch für gerechtfertigt. Der Fries, im Keller ausgestellt, sichert die finanzielle Basis der Künstlervereinigung. Aber auch namhafte Unbeteiligte sprechen sich gegen eine Rückgabe aus.

Dem Unternehmer Erich Lederer hat man, da besteht kein Zweifel, übel mitgespielt. In der NS-Zeit wurde dessen Kunstsammlung sichergestellt. 1944 lagerte man Teile der Sammlung nach Schloss Immendorf aus, das von der abrückenden SS in Brand gesteckt wurde. Zehn Hauptwerke von Klimt gingen somit verloren.

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Schenkung unter Druck

Nach dem Krieg kam es zwar zur Rückstellung der verbliebenen Werke. Aber wie im Fall Rothschild kam es zur Erpressung: Im Juni 1950 schenkte Erich Lederer, der nach Genf geflohen war, der Republik sechs Zeichnungen von Egon Schiele, drei Aquarelle von Moritz von Schwind und Gentile Bellinis Gemälde "Kardinal Bessarion". Im Gegenzug erhielt er vom Denkmalamt die "Bewilligung zur Ausfuhr der übrigen Sammlungsbestände (mit Ausnahme des Beethoven-Frieses von Klimt)".

Im Mai 1999, ein halbes Jahr nach Inkrafttreten des Rückgabegesetzes, wurde die Restitution der zehn abgepressten Werke eingeleitet. Der Rückgabebeirat ging auch auf den Fries ein: Der Bildzyklus könne seiner Ansicht nach nicht einer Restitution unterliegen, "da dieses Kunstwerk erst 1973 gegen einen damals durchaus angemessenen Preis angekauft wurde".

Das Kunstrückgabegesetz war Ende 1998 beschlossen worden, um geschehenes Unrecht wiedergutzumachen. Die Familie Rothschild erhielt bereits wenige Wochen später alle abgepressten Kunstwerke zurück. Sie musste weder einen Anwalt noch die Israelitische Kultusgemeinde einschalten, sie musste daher weder Honorare noch Erfolgsprämien zahlen. Seither wurden sehr viele ähnliche Fälle gelöst.

2009 kam es zur Novelle des Kunstrückgabegesetzes. Sie ermöglicht seither auch die Restitution ehemals entzogener Gegenstände, die vom Bund unter dem Druck des Ausfuhrverbotsgesetzes entgeltlich erworben wurden. Die Erben nach Lederer frohlockten – und forderten schließlich den Fries zurück.

Verkauf ohne Druck

Tatsache ist, dass Lederer nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wusste, was er mit dem Werk machen sollte. Er konnte es aufgrund des Ausfuhrverbotsgesetzes nicht ins Ausland transportieren lassen. Aber er hätte dies wohl auch nicht mit Genehmigung tun können. Denn der Bildzyklus war arg ramponiert. Lederer zeigte sich daher an einem Verkauf an den Staat interessiert. Doch die brutal geführten Verhandlungen zogen sich hin. Schließlich nahm sich Bruno Kreisky, Bundeskanzler seit 1970, der Sache an. 1973 erhielt Lederer 15 Millionen Schilling; er war derart "glücklich", dass er Ministerin Herta Firnberg und dem Vermittler Karl Kahane je eine Klimt-Zeichnung schenkte. Zudem vermachte er 1985 der Republik 14 Studien zum Beethovenfries.

Der im Rückgabegesetz geforderte enge Zusammenhang zwischen Ankauf und Ausfuhrverbotgesetz ist nicht erkennbar: Lederer hatte gar keinen Antrag auf Ausfuhr gestellt. Thomas Nowotny, einst Sekretär von Kreisky, sprach sich kürzlich im Standard gegen die Rückgabe aus: "Ich halte es für verwerflich, dass man die Absicht des Gesetzes in sein Gegenteil verkehren, und (...) formalem Recht Vorrang vor der Moral und ethischer Verantwortung einräumen will."

Das monumentale Werk von Gustav Klimt

Vorgeschichte Gustav Klimt schuf den Fries 1902 anlässlich der Präsentation einer Beethovenstatue von Max Klinger in der Secession. Der Bildzyklus sollte nach der Schau zerstört werden. Carl Reininghaus rettete ihn in letzter Sekunde. 1918 verkaufte der Industrielle den Fries an August Lederer, weil er keine Möglichkeit sah, das monumentale Werk aufzustellen. Auch Lederer scheiterte. Dessen Sohn Erich befreite sich von der Last – und verkaufte den Fries 1973 der Republik. Als Leihgabe des Belvedere ist das Werk in der Secession dauerhaft ausgestellt.